Alles, was der oberste Gerichtshof in den USA entscheidet, muss stets auch unter der politischen Lupe gesehen werden. Denn der „Supreme Court“ ist ein politisiertes Instrument beider großer Parteien, bei denen es nur ganz selten um reine Rechtsfragen geht. Dass nun der „geleakte“ Entwurf eines konservativen Richters das Land in Aufruhr versetzt, weil er klar auf ein allgemeines Verbot von Abtreibungen hindeutet, ist deshalb ein hochpolitischer Vorgang. In den USA finden im Herbst die wichtigen Kongress-Zwischenwahlen statt – und eine Umkehr des seit 1973 etablierten Abtreibungsrechts könnte den um die Macht im Kongress fürchtenden Demokraten wichtigen Rückenwind an der Basis verschaffen.
Man darf getrost davon ausgehen, dass das beispiellose Durchstechen durch das Büro eines dem linken Spektrum nahestehenden Richters stattfand, denn solche Entwürfe werden vertraulich allen Mitgliedern des „Supreme Court“ zugeleitet. Damit soll nun maximaler Druck durch Straßenproteste generiert werden, um die noch nicht endgültige Entscheidung umzukehren. Ob es hilft? Dank Donald Trump verfügen Amerikas Konservative im Richtergremium über eine Mehrheit – das Urteil könnte deshalb auch ein später Triumph für ihn sein.
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