MIKE SCHIER
Es kriselt an allen Ecken und Enden – nur der Staat verzeichnet mal wieder ein dickes Einnahmeplus. Es ist kurios: Die Energiekrise und die Inflation, die Bürger wie Wirtschaft vor teils massive Probleme stellen, machen sich bei den Verbrauchssteuern inzwischen deutlich bemerkbar. Klar: Auch der Staat muss natürlich inflationsbedingt höhere Ausgaben stemmen. Trotzdem steht er deutlich besser da als seine Bürger, deren Lohn und Gehalt nicht mal eben um sieben Prozent steigt.
Zu recht warnt Finanzminister Christian Lindner nun davor, „feuchte Augen zu bekommen“ und lang gehegte Ausgabenwünsche anzumelden. Aber darum geht es gar nicht: Als Oppositionspolitiker wäre er nämlich der erste bei der Forderung gewesen, den Steuerzahlern ihre quasi zu viel gezahlten Steuern wieder zurückzugeben. Deswegen hat der Finanzminister Lindner jetzt ganz fix ausgerechnet, dass nach dem Entlastungspaket von den Mehreinnahmen quasi nichts mehr übrig bleibe. Clever.
Trotzdem gilt: Der Staat darf sich über die Steuern nicht an der – hoffentlich nicht ewig währenden – horrenden Inflation bereichern. Und er darf auch nicht daran verdienen, wenn irgendwann als Folge höhere Tarifabschlüsse erzielt werden. Lindner verspricht immerhin hier, die Kalte Progression im Blick zu behalten – man muss aber leise zweifeln, ob er dabei die Koalitionspartner an seiner Seite hat. Nach wie vor gilt: Besser als irgendwelche Entlastungspakete für einzelne Gruppen wäre eine Entlastung für alle – denn die Inflation frisst sich bis weit in die Mitte der Gesellschaft. Die Debatte um niedrigere Steuern auf Grundnahrungsmittel ist leider schnell verebbt – ihr Anliegen aber bleibt richtig.
Mike.Schier@ovb.net