Der Absturz der FDP

Liberale ohne Markenzeichen

von Redaktion

MIKE SCHIER

Es sind Tage des Katzenjammers in der FDP. Kein Wunder: Minus 5,1 Prozentpunkte in Schleswig-Holstein, minus 6,7 in NRW, im Saarland den Einzug in den Landtag verpasst. Die erste Reaktion der Liberalen: Die Ampel ist Gift für uns! Durchaus verständlich – und doch falsch.

Frei nach Christian Lindner: Der FDP schadet nicht, mit wem sie regiert, sondern wie sie regiert. Am Wahltag im vergangenen Herbst standen die Liberalen vor allem für eine Modernisierung des teils altbacken wirkenden Staatsgefüges. Digitalisierung, moderne Verkehrsinfrastruktur, eine Bildungspolitik jenseits von Schulbuch und Kreidetafel. Dazu die Klassiker von schlankem Staat und niedrigen Steuern. Ein halbes Jahr später muss man feststellen: Auf keinem dieser Felder hat die FDP im ersten halben Jahr Regierung nennenswerte Akzente setzen können. Weder von Volker Wissing, Superminister für Digitales und Infrastruktur, noch von Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger sind mutige Reformschritte überliefert. Wenn dann in NRW eine offenbar wenig beliebte Landeskultusministerin hinzukommt, schlägt das bei den anspruchsvollen Wählern in Enttäuschung um.

Anders als die Liberalen haben die Grünen ihre Erzählung von der Zukunftspartei retten können, obwohl auch sie in Kriegszeiten Abstriche an ihrer Agenda machen müssen. Der Unterschied: Habeck und Baerbock kommunizieren besser – das war eigentlich auch die Stärke des zuletzt zurückhaltenden Christian Lindner. Doch nicht mal ihr größter Erfolg zahlt aufs Konto der FDP: Die überwiegende Mehrheit freut sich inzwischen über die allein von den Liberalen durchgedrückte Maskenfreiheit. Das hätte in NRW zu mehr als 5,8 Prozent reichen müssen.

Mike.Schier@ovb.net

Artikel 1 von 11