CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER
Ein Hauch von Schweiz wabert durch den hohen Norden. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), soeben triumphal wiedergewählt, probiert ein bisschen Konkordanz-Demokratie aus. Er will mehr Partner in seine Regierung holen, als er für eine stabile Mehrheit bräuchte. Grüne oder FDP würden ihm genügen, er lädt beide zu Verhandlungen ein, das Jamaika-Bündnis fortzusetzen. Das klingt toll. Aber es läuft nicht.
Im Alltag brächte das nicht den großen parteiübergreifenden Frieden, sondern viel härtere Konflikte. Es schwächt die kleinen Partner, wenn sie wissen, rechnerisch nicht beide gebraucht zu werden. Heute wichtig, morgen Wurmfortsatz: Wie lange würden die Juniorpartner diesen Zirkus durchhalten, wie weit reicht die Disziplin, wenn Augenhöhe nur Hühneraugenhöhe bedeutet? Hinzu kommt ein erwartbares Murren in der CDU, warum mehr (Minister-)Posten und Fachbereiche an andere Parteien abgegeben werden als nötig. Parlamente funktionieren nicht nach dem Prinzip der Nächstenliebe.
Günthers ehrlicher Anspruch (und auch sein Talent) ist, ideologische Gräben in der Mitte und links davon zu überwinden. Ein hart Konservativer war er eh nie. Das könnte er auch recht einfach fortsetzen: mit Schwarz-Grün. Das Bündnis für Ökologie und Ökonomie wäre stabil, verfassungsändernde Mehrheit sogar, mit den Grünen wäre die potenziell bissigste Oppositionspartei fest in seine Regierung eingebunden. Gut möglich, dass das der geschrumpften FDP dämmert und sie sich aus den Jamaika-Gesprächen auch aus Selbstachtung trollt.
Christian.Deutschlaender@ovb.net