Jetzt ist es offiziell. Finnland und Schweden haben die Aufnahme in die Nato beantragt. Und der Kreml? Zuckt verbal mit den Achseln. Der Bündnis-Beitritt der Skandinavier mache keinen großen Unterschied, findet Russlands Außenminister Sergej Lawrow.
Die Gleichgültigkeit, mit der Moskau die Entwicklungen plötzlich hinzunehmen scheint, könnte man als Beleg dafür sehen, dass Russlands Sorge über die Expansion der Nato stets ein vorgeschobenes Argument war. Doch die Antwort könnte auch noch viel einfacher sein. Russland kann schlicht wenig gegen die Entscheidung der Finnen und Schweden tun – jedenfalls wenig, was für die eigenen Ziele von Vorteil wäre. Einen weiteren Krieg im Norden kann das angeschlagene Militär derzeit kaum stemmen – ganz abgesehen davon, dass man auch in Moskau eine solche Eskalation (Angriff eines EU-Landes vor Nato-Beitritt) nicht leichtfertig riskieren dürfte.
Auch über diese Fragen hinaus findet in Russland ein Tonwechsel statt, der aufhorchen lässt. Da darf ein ehemaliger Militär im Staatsfernsehen, das nichts dem Zufall überlässt, plötzlich minutenlang ein düsteres Bild der militärischen und geopolitischen Lage zeichnen. Es ist zu früh, um zu sagen, ob der Kreml das Land auf diese Weise vielleicht schon langsam auf eine mögliche Verhandlungslösung mit der Ukraine vorbereiten will. Doch klar ist: Noch vor wenigen Wochen wären solche Aussagen in Putins Propaganda-Kanälen undenkbar gewesen.
Sebastian.Horsch@ovb.net