Berlin – Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat vor allem Menschen mit geringem Einkommen zugesichert, den Preisanstieg im Zuge des Ukraine-Kriegs abzufedern. „Wir lassen niemanden allein“, versprach er in seiner Regierungserklärung im Bundestag. Die Waffenlieferungen an die Ukraine verteidigte er mit deutlichen Worten: „Einem brutal angegriffenen Land bei der Verteidigung zu helfen, darin liegt keine Eskalation. Sondern ein Beitrag dazu, den Angriff abzuwehren und damit schnellstmöglich die Gewalt zu beenden.“
Scholz sagte der Ukraine weitere Unterstützung mit militärischer Ausrüstung und beim Wiederaufbau des Landes nach dem Krieg zu, trat in Sachen EU-Beitritt des von Russland angegriffenen Lands aber auf die Bremse. An den russischen Präsidenten Wladimir Putin richtete er die Botschaft, dass die Ukraine sich die Bedingungen für ein Ende des Krieges nicht vorschreiben lassen werde: „Einen Diktatfrieden wird es nicht geben.“
Oppositionsführer Friedrich Merz warf Scholz eine Verschleppung der Waffenlieferungen vor und forderte ihn zur Entlassung seiner Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) auf. Lambrecht sei seit Wochen „mehr mit Selbstverteidigung als mit Verteidigungspolitik beschäftigt“, sagte der CDU-Chef mit Blick auf den umstrittenen Mitflug von Lambrechts Sohn in einem Bundeswehr-Hubschrauber. „Trennen Sie sich von dieser Ministerin so schnell wie möglich. Sie werden es sowieso irgendwann in den nächsten Wochen und Monaten machen müssen. Also machen Sie es bald.“
Es war die erste Regierungserklärung des Kanzlers seit seiner Zeitenwende-Rede drei Tage nach Beginn des Ukraine-Kriegs Ende Februar, in der Scholz Waffenlieferungen in das Kriegsgebiet angekündigt hatte – ein Tabubruch. Inzwischen hat die Bundesregierung sogar die Lieferung schwerer Waffen in die Ukraine genehmigt. Kritiker meinen, das könnte zur Eskalation des Krieges beitragen. Scholz widersprach. Die Bundesregierung stärke der Ukraine „überlegt, abgewogen und international eng abgestimmt“ den Rücken, betonte er.
Merz kritisierte, dass bisher zu wenige Waffen aus Deutschland in der Ukraine angekommen seien. „Es wird praktisch nichts geliefert“, sagte er. „Was treiben Sie denn da für ein Spiel, auch mit der deutschen Öffentlichkeit, wenn es um diese Waffenlieferungen geht?“
Zu einer EU-Beitrittsperspektive der Ukraine äußerte Scholz sich erneut zurückhaltend. „Dass es auf dem Weg in die EU keine Abkürzungen gibt, ist auch ein Gebot der Fairness gegenüber den sechs Ländern des westlichen Balkans“, sagte er. Montenegro, Serbien, Nordmazedonien und Albanien sind seit vielen Jahren EU-Beitrittskandidaten, Nordmazedonien schon seit 2005. Kosovo und Bosnien-Herzegowina sind potenzielle Bewerber. Scholz betonte, dass die EU jetzt liefern müsse, was den Beitrittsprozess dieser Länder angeht. Für Juni kündigte er eine Reise in die Region mit der Botschaft an: „Der westliche Balkan gehört in die Europäische Union.“
Aus der Ukraine kam daran schon Minuten später scharfe Kritik. Außenminister Dmytro Kuleba beklagte im Online-Dienst Twitter eine „zweitklassige Behandlung“ durch „bestimmte“ EU-Länder. Diese „strategische Zweideutigkeit“ habe lediglich Russlands Präsident Wladimir Putin gestärkt und die „Gefühle der Ukrainer verletzt“.