Scholz startet große Afrika-Reise

von Redaktion

VON MICHAEL FISCHER, EVA KRAFCYK UND RALF KRÜGER

Berlin/Dakar – Knapp ein halbes Jahr nach seinem Amtsantritt ist Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Sonntag zu seiner ersten Afrika-Reise aufgebrochen. Bei seinen Besuchen im Senegal, im Niger und in Südafrika werden neben Klimawandel, wirtschaftlicher Zusammenarbeit, Pandemiebekämpfung und Stärkung der Demokratien auch die Folgen des Ukraine-Kriegs Thema sein. Die russische Blockade von Getreideexporten aus der Ukraine hat die Ernährungskrise vor allem auch in Ostafrika verschärft.

Scholz besucht den Nachbarkontinent relativ früh. Seine Vorgängerin Angela Merkel (CDU) war erst knapp zwei Jahre nach ihrem Amtsantritt zu ihrer ersten längeren Afrika-Reise aufgebrochen. Bisher hat der Kanzler außerhalb Europas nur engste Verbündete besucht: die USA, Israel und Japan. Jetzt also Afrika – ein Signal.

Bei Hilfsorganisationen sind die Erwartungen hoch. World Vision beklagt, dass Merkel ab 2015 den Fokus zu stark auf „Migrationsabwehr“ gelegt habe. „Das muss aufhören“, fordert Ekkehard Forberg, der bei der Organisation für humanitäre Krisen zuständig ist. „Von Kanzler Scholz erwarten wir eine Politik der Augenhöhe.“

Die drei Reiseziele in Afrika sind mit Bedacht gewählt. Der Senegal hat den Vorsitz in der Afrikanischen Union, dem afrikanischen EU-Pendant mit 55 Mitgliedstaaten. Außerdem zählt der Senegal neben Südafrika, Argentinien, Indien und Bangladesch zu den Gastländern, die Scholz für Juni zum G7-Gipfel in Elmau einlädt. In der Hauptstadt Dakar kündigte Scholz am Sonntag an, mit dem Senegal bei der Förderung von Gas vor dessen Küste zusammenarbeiten.

Der Niger gilt der Bundesregierung anders als das Nachbarland Mali als „Stabilitätsanker“ in der Sahelzone südlich der Sahara, wo verschiedene Terrorgruppen seit Jahren für Angst und Schrecken sorgen. Während der Bundestag den Ausbildungseinsatz der Bundeswehr in Mali am Freitag beendet hat, wird die Ausbildung von Spezialkräften im Niger fortgesetzt. Scholz macht sich ein Bild von der Mission „Gazelle“ – sein erster Truppenbesuch.

Südafrika gilt als Schlüsselpartner mit engen wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Beziehungen. Es ist außerdem das einzige afrikanische Mitglied der G20-Gruppe führender Wirtschaftsmächte. Das Land ist daher bei einer ersten Kanzler-Reise in das Afrika südlich der Sahara gesetzt.

Scholz wird auf seiner Reise auch darüber sprechen, warum viele afrikanische Länder bisher auf eine klare Verurteilung des russischen Kriegs gegen die Ukraine verzichtet haben. In der UN-Vollversammlung stimmten 141 der 193 UN-Mitgliedstaaten dafür, fünf dagegen, darunter Eritrea. Unter den 35 Enthaltungen waren neben China, Indien und Brasilien auch 17 afrikanische Staaten, darunter Südafrika und der Senegal. Das Abstimmungsverhalten spiegelt den Einfluss Russlands auf dem Kontinent wider. Südafrika als zweitgrößte Volkswirtschaft Afrikas ist mit Russland im Brics-Staatenbund verbandelt.

Obwohl Russland auf dem Kontinent überwiegend im Sicherheitsbereich („Wagner-Söldnergruppe“) und in Bergbau-Projekten aktiv ist, genießt es dort hohe Sympathie. Die Sowjetunion hatte während des Kalten Krieges zahlreiche afrikanische Unabhängigkeitsbewegungen unterstützt.

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