Washington/Uvalde – Nach dem Amoklauf an einer Grundschule im Bundesstaat Texas besuchte US-Präsident Joe Biden am Sonntag die Gemeinde Uvalde. Biden hatte zuvor angekündigt, er werde gemeinsam mit seiner Ehefrau Jill nach Texas reisen, um der Gemeinde Trost zu spenden. Vor der Grundschule legten der Präsident und die First Lady einen Blumenstrauß nieder – an einer improvisierten Gedenkstätte mit Blumen, Spielsachen und Fotos der Getöteten. Die Bidens liefen einzeln von Bild zu Bild, berührten die Fotos jener, die auf so grausame Weise aus dem Leben gerissen wurden. Später wollten sie Angehörige der Todesopfer sowie Überlebende treffen.
Ein 18 Jahre alter Schütze hatte am Dienstag in einer Grundschule in der texanischen Kleinstadt 19 Kinder und zwei Lehrerinnen erschossen. Was Ermittler auf Basis von Videoaufnahmen, Zeugenaussagen, Polizeikommunikation und Notrufen bislang rekonstruiert haben, ist erschütternd. Der Schütze drang demnach um kurz nach 11.30 Uhr Ortszeit in die Grundschule ein und begann zu schießen. Wenige Minuten später waren die ersten Polizisten vor dem Klassenzimmer. Um kurz nach 12 Uhr waren 19 Polizisten im Flur postiert.
Die Erkenntnisse, die der Direktor der Behörde für öffentliche Sicherheit in Texas, Steven McCraw, vorstellte, sorgten für Fassungslosigkeit. Demnach unternahmen die Beamten mehr als 45 Minuten lang keine Versuche, in den Raum einzudringen, sondern warteten auf Spezialkräfte zur Verstärkung. „Es war die falsche Entscheidung. Punkt“, sagte McCraw. „Dafür gibt es keine Entschuldigung.“ Er berichtete, mehrere Kinder hätten aus dem Klassenraum die Polizei angerufen, teils mehrfach, um Hilfe zu bekommen. Doch die Beamten im Flur schritten lange nicht ein. Erst um 12.50 Uhr drangen Einsatzkräfte in den Raum ein – mit einem Schlüssel, den sie vom Hausmeister besorgt hatten – und töteten den Amokläufer. Mehr als 75 Minuten, nachdem dieser drinnen das Feuer eröffnet hatte.
Angehörige erhoben schwere Vorwürfe gegen die Einsatzkräfte. „Sie hätten einige Leben retten können“, zitierte die „Washington Post“ den Großvater einer getöteten Schülerin. Das US-Justizministerium kündigte gestern an, das Vorgehen der Sicherheitskräfte untersuchen zu wollen. Prominente Republikaner, darunter Ex-Präsident Donald Trump, forderten dagegen als Reaktion mehr Waffen an Schulen.
Der Amoklauf hat die Debatte über eine Verschärfung der Waffengesetze in den USA einmal mehr angefacht. Viele Republikaner sperren sich gegen strengere Regularien. Auch Trump verteidigte bei einem Auftritt vor der mächtigen Waffenlobby NRA das laxe Waffenrecht und forderte stattdessen mehr Waffen an Schulen. „Die Existenz des Bösen ist einer der allerbesten Gründe, gesetzestreue Bürger zu bewaffnen“, sagte er. Bewaffnete Lehrer und Sicherheitskräfte könnten Taten wie die in Uvalde verhindern, argumentierte Trump.