Manfred Weber hat heute einen wichtigen Tag. Der CSU-Politiker wird in Rotterdam zum Chef der EVP gewählt – der Dachorganisation der konservativen Parteien in der Europäischen Union. Für den Niederbayern ist das neue Amt allerdings nicht nur ein Aufstieg, sondern birgt auch enorme Herausforderungen.
Die Konservativen – einst Machtbollwerke in großen EU-Staaten – stehen unter Druck. In Deutschland, Spanien oder Frankreich sind sie nur noch Opposition, in Italien sogar nahezu von der politischen Landkarte getilgt. Österreich, Griechenland oder Rumänien sind nun die bedeutendsten konservativ regierten EU-Mitglieder. Dahinter versteckt sich nicht nur ein Bedeutungsverlust, sondern auch ein Richtungskonflikt. Denn die neuen Tonangeber sehen Brüssels Einfluss teils weit skeptischer als es beispielsweise Angela Merkel getan hat.
Gleichzeitig sind die Aufgaben größer denn je – vor allem sicherheitspolitisch. Der russische Angriff auf die Ukraine zeigt brutal, dass die Europäische Union sich im Ernstfall kaum verteidigen könnte. Was, wenn die USA unter einem neuen Präsidenten dazu vielleicht nicht mehr bereit sein sollten – beziehungsweise einen hohen Preis verlangen? Dass das konservative Kernthema Verteidigung damit stark in den Fokus rückt, könnte für Weber und die EVP-Parteien eine Chance sein. Doch zur Wahrheit gehört: All die Jahre, als sie in großen Ländern an den Schalthebeln saßen, ist hier zu wenig passiert.
Sebastian.Horsch@ovb.net