München – Zwei neue Omikron-Varianten sorgen für erhöhte Aufmerksamkeit bei den Corona-Bekämpfern in ganz Europa. BA.4 und BA.5 heißen die neuen Spielarten des Virus, die zuerst in Südafrika festgestellt wurden und sich schneller verbreiten sollen als Omikron. In Portugal hat sich die Subvariante BA.5 bereits durchgesetzt. Rund 87 Prozent aller registrierten Neuinfektionen entfallen dort auf diese Variante, die auch die Zahlen im Land insgesamt wieder ansteigen lassen. Grund zur Sorge auch in Bayern?
Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) wirkte gestern noch relativ gelassen. Man könne zwar nicht ausschließen, dass sich BA.4 oder BA.5 auch in Bayern ausbreiten wird. Entscheidend aber: „Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es keine Anzeichen, dass die Infektion mit BA.4 und BA.5 zu schwereren Krankheitsverläufen führt als die Infektion mit anderen Omikron-Varianten.“ Man werde die Entwicklung beobachten.
Mehr Sorgen bereitet ihm der Blick in den Herbst. Denn die meisten Experten rechnen damit, dass mit Beginn der kälteren Jahreszeit die Infektionszahlen wieder steigen. Auch gefährlichere Mutationen sind dann nicht auszuschließen. „Wir müssen jetzt die Weichen stellen“, sagte Holetschek. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) machte klar, dass die Länder die Ampel mit Blick auf den Herbst in der Pflicht sehen. Der Bund habe die Entscheidung getroffen, selber stärker in die Verantwortung zu gehen, und solle nun sagen, wie es weitergehe.
Gleichzeitig gibt es aus Sicht der Länder aber drängende Fragen. Am 30. Juni läuft die Verordnung aus, die bisher weiter Corona-Tests für Bürger ermöglicht. Am 23. September verlieren zudem selbst die noch geltenden Maßnahmen ihre Gültigkeit, wenn der Bundestag das Infektionsschutzgesetz nicht vorher verlängert oder neu regelt. Und da sich das Parlament von 9. Juli bis 5. September in die Sommerpause verabschiedet, drängt langsam die Zeit.
Diese Themen standen deshalb auch bei der gestrigen Ministerpräsidentenkonferenz auf dem Plan, als sich zunächst die Länderchefs untereinander berieten und danach zu Scholz ins Kanzleramt fuhren. Am Nachmittag blickte Bayerns Gesundheitsminister allerdings noch einigermaßen konsterniert auf das, was der Bund in die Runde einbrachte. „Wenn das der Masterplan für den Herbst ist, dann gute Nacht“, sagte Holetschek unserer Zeitung. Man müsse nun abwarten, was in den Gesprächen der Länderchefs mit dem Bundeskanzler rauskomme.
Zwar betonte auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), wie wichtig eine gute Vorbereitung auf den Herbst sei. Tatsächlich bringt der Entwurf der Bundesregierung, der auch unserer Zeitung vorliegt, aber eher wenig Konkretes. Man wolle für genug Impfstoff sorgen (laut Lauterbach gegen alle möglichen Virusvarianten), niedrigschwellige Impfangebote aufrechterhalten und eine „umfassende Impfkampagne“ für Herbst vorbereiten.
Flächendeckende Schul- und Kitaschließungen soll es nicht mehr geben, das verspricht auch Scholz persönlich. Größere Ausbrüche in Alten- und Pflegeeinrichtungen wolle man verhindern. Zudem sollen relevante Pandemiedaten bald tagesaktuell zur Verfügung stehen.
Wie genau das alles passieren soll, bleibt weitgehend offen. Scholz verspricht am Abend lediglich, man werde „sicherstellen, dass alle Entscheidungen getroffen sind, bevor es losgeht mit dem Herbst“. Er wolle nun „nicht mit Schnellschüssen kommen“. Der Wunsch der Länder, der Bund solle die Finanzierung der kostenlosen Bürgertests über den 30. Juni hinaus sicherstellen, werde „sorgfältig geprüft“.
„Dann gute Nacht in diesem Herbst“