Zu dem Urteil Heard und Depp

Jeder hat bei diesem Prozess verloren

von Redaktion

LEONIE HUDELMAIER

Das Urteil in dem wahrscheinlich prominentesten Verleumdungs-Prozess jemals ist gesprochen. Johnny Depp bekommt eine höhere Millionen-Entschädigung als seine Ex-Frau Amber Heard. Ist damit Depp weniger schuldig als seine nicht minder feindselige Schauspiel-Kollegin Heard? Die gegenseitigen Vorwürfe sind grausam und reichen von roher Gewalt bis hin zu psychischem Missbrauch. Wer in dieser toxischen Beziehung Opfer und wer Täter war, ist für Außenstehende kaum zu beurteilen – auch wenn die Jury ein Urteil fällen musste.

Doch klar ist: Beide haben in vielerlei Hinsicht verloren! Die intimsten Details ihrer knapp zweijährigen Ehe wurden in der Öffentlichkeit breitgetreten. Verwandte, Freunde und Bekannte wurden befragt. Jeder konnte den Prozess im Internet mitverfolgen, und jeder stand auf einer der beiden Seiten. Die Fronten verhärteten sich so sehr, dass Heard Morddrohungen ausgesetzt war.

Bei dieser Schlammschlacht rückte der eigentlich wichtige Punkt in den Hintergrund: Gewalt und sexueller Missbrauch – zu einem Großteil gegenüber Frauen – in einer Partnerschaft aufzuklären. Allein in Deutschland werden im Schnitt 13 Frauen pro Stunde Opfer von häuslicher Gewalt. Und eben jenen ist mit einem solchen Prozess, in dem keiner sein Gesicht wahren konnte, nicht geholfen worden. Betroffene wurden dadurch vielmehr abgeschreckt, als dass sie ihre Stimme erheben würden. Ein Schweigen mit den schlimmsten Folgen.

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