Die Geschichte der Wehrpflicht ist immer auch eine der Drückeberger, die sich mit Senkspreizfuß für leider völlig dienstuntauglich erklären konnten. Das schlimmste Wegducken beging aber die Politik: Mit der faulen Ausrede, es gebe halt keine Wehrgerechtigkeit und auch nichts mehr zu tun für die jungen Leute, kippte ein CSU-Verteidigungsminister 2011 den Dienst ganz. Was für eine verheerende, historische Fehleinschätzung!
Der Bundeswehr hat das massiv geschadet, vor allem ihrer Verankerung in der Gesellschaft. Das wiegt noch schwerer, weil wir nun in eine neue Weltlage gezwungen wurden. Soldaten werden nicht mehr nur als kostümierte Hilfstruppe zum Sandsack-Schleppen gebraucht, sondern plötzlich wieder zum Sichern unserer Freiheit. Ebenso fatal ist der Wegfall des Zivildienstes angesichts der Personalnot in sozialen Berufen. Die Pflichtmonate haben nicht nur Lücken gestopft, sondern manchmal junge Menschen für dieses Berufsfeld begeistert.
Es ist goldrichtig, dass der Bundespräsident die Dienstpflicht-Debatte anstößt. Natürlich für junge Männer und Frauen, kein Jahr, nicht nur Militär. Warum nicht sogar im sozialen Bereich für alle, die im Land leben, auch ohne deutschen Pass? Es geht nicht um eine Sehnsucht nach gestern, sondern um den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Gut organisiert, ist das für junge Menschen ein Einblick in neue Lebensrealitäten – also ein Gewinn.
Christian.Deutschlaender@ovb.net