Bund und Länder schieben sich gegenseitig die Schuld dafür zu, dass bei der digitalen Vernetzung der Gesundheitsämter noch immer nicht viel vorangeht. Das macht keine große Hoffnung, dass es in diesem Herbst wirklich besser läuft als in den vergangenen beiden.
Wer sich tatsächlich darüber wundert, dass es auch im dritten Jahr der Pandemie noch an der anfangs eifrig beschworenen Digitalisierung hakt, muss ohnehin die Trägheit des deutschen Gesundheitswesens verdrängt haben. Ein Beispiel: Seit rund 20 Jahren wird mehr oder minder bemüht daran gearbeitet, Arztpraxen, Krankenkassen und Versicherte elektronisch zusammenzubringen. Und noch immer werden Versichertenkarten per Post durchs Land geschickt, um auch zu Quartalsende an ein dringend benötigtes Rezept zu gelangen.
Bei den Gesundheitsämtern kommen noch weitere Besonderheiten dazu. Ihre Amtsärzte unterstehen als Beamte zwar dem Gesundheitsministerium, angesiedelt sind sie aber an den Landratsämtern. Gerade in Bayern herrscht deshalb – abseits der großen Städte mit ihren eigenen kommunalen Ämtern – eine verschachtelte Landschaft mit vielen kleineren staatlichen Einheiten. Die Pandemie hat die Schwächen dieser Fleckerlteppich-Struktur klar aufgezeigt. Als 2020 das Coronavirus das Land traf, gab es nicht einmal einheitliche E-Mail-Adressen. Deshalb gilt: Wer die Gesundheitsämter für das 21. Jahrhundert aufstellen will, muss auch ihre gesamte Organisation grundsätzlich überdenken.
Sebastian.Horsch@ovb.net