Dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron hat es die Sprache verschlagen – er äußert sich nicht einmal selbst zu seinem desaströsen Ergebnis der Parlamentswahl. Sieger sehen anders aus. Sieger haben in der Nationalversammlung aber auch meistens die absolute Mehrheit hinter sich und nicht nur 245 der 577 Sitze.
Die Regierungs-Prognosen sind düster: von Blockaden bis hin zum absoluten Stillstand. Doch allein die sogenannte Cohabitation, bei der Präsident und stärkste Fraktion im Parlament zwei unterschiedlichen Lagern angehören, gab es in Frankreich schon drei Mal. Da wird es Macron, dessen Lager noch immer stärkste Kraft ist, wohl auch gelingen zu regieren. Jetzt gilt es eben Partner zu finden, kompromiss- und damit handlungsfähig zu werden. Willkommen in der deutschen Polit-Realität.
Partner des Macron-Lagers könnten die bürgerlich-konservativen Républicains werden. Diese dürften aber den Preis für ihre Zusammenarbeit kräftig nach oben treiben – denn sonst stehen für Macron nur die Rechtsnationalen oder ein Linksbündnis zur Wahl. Bei diesem Szenario wird Macron versuchen, lieber dem doch sehr diversen Linksbündnis aus Grünen, Sozialisten und Kommunisten zu schmeicheln als der rechtsnationalen Marine Le Pen. Damit wären aber Macrons Projekte wie die Erhöhung des Rentenalters vom Tisch. Statt auf selbstinszenierende Alleingänge zu setzen, muss der wiedergewählte Präsident nun einen neuen Regierungsstil finden.
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