Wirtschaftsvertreter sind üblichweise recht gut darin, anderen den Schwarzen Peter zuzuschieben, wenn es mal schlecht läuft. Und das tut es gerade. Die Auftragsbücher der Unternehmen sind zwar voll, nur abarbeiten kann die Bestellungen keiner. Es fehlt an allen Ecken: beim Material, beim Personal, zuweilen sogar bei den Verpackungen. Deshalb hat der Industrieverband BDI seine Konjunkturprognose für 2022 mehr als halbiert.
Gleichzeitig hat er etwas Erstaunliches getan: Statt nur über die Weltlage zu jammern oder auf die Politik zu schimpfen, gibt der Verband zu, dass die Probleme mitunter hausgemacht sind. Für Kostenvorteile und Skaleneffekte habe man sich sowohl bei den Lieferketten als auch bei den Absatzmärkten in gefährliche Abhängigkeiten begeben, so BDI-Präsident Siegfried Russwurm. Und: Was Autokraten betrifft, hätten auch Unternehmen die Pflicht, „rote Linien zu definieren“.
Diese Einsichten mögen überfällig sein, die Ehrlichkeit ist aber erfrischend. Die Wirtschaft hat es mit Just-in-Time-Lieferketten, Outsourcing in Billiglohnländer und dem Prinzip Hoffnung beim Umgang mit geopolitischen Risiken übertrieben. Letzteres trifft wohl auf uns alle zu. Trotzdem müssen die Unternehmen jetzt reagieren. Im Fall der Fälle dürfen sie von der Politik jedenfalls keine großen Hilfen fordern, nur weil sie sich mit China selbst ein riesiges Klumpenrisiko ans Bein gebunden haben.
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