Kiew geht auf Distanz zu Melnyk

von Redaktion

Ärger nach Botschafter-Äußerungen über Nationalisten Bandera

Kiew/Berlin – Die Regierung in Kiew hat sich nach einem Interview des ukrainischen Botschafters in Deutschland über den umstrittenen Nationalistenführer Stepan Bandera von den Äußerungen des Diplomaten distanziert. „Die Meinung, die der Botschafter der Ukraine in Deutschland, Andrij Melnyk, in einem Interview mit einem deutschen Journalisten geäußert hat, ist seine eigene und spiegelt nicht die Position des Außenministeriums der Ukraine wider“, teilte das Außenministerium in Kiew mit.

Melnyks Äußerungen im Gespräch mit dem Journalisten Tilo Jung hatten empörte Reaktionen hervorgerufen. Der ukrainische Botschafter bezeichnete Bandera in dem Interview als ukrainischen „Freiheitskämpfer“ und bestritt dessen Verantwortung für Massaker an Juden und Polen im Zweiten Weltkrieg.

„Er hat keinen Befehl gegeben, Juden zu vernichten“, sagte Melnyk. Es gebe keine Belege dafür, dass „Bandera-Truppen hunderttausende Juden ermordet haben“, fügte er hinzu. „Das ist dieses Narrativ, das die Russen bis heute durchsetzen und das in Deutschland und auch in Polen und in Israel auch Unterstützung findet.“ Er wehre sich dagegen, Bandera „alle Verbrechen der Welt“ in die Schuhe zu schieben, sagte Melnyk.

Bandera ist eine der umstrittensten Figuren der ukrainischen Geschichte, für viele ist er bis heute ein Nationalheld. Im Zweiten Weltkrieg kämpfte er als Anführer ukrainischer Nationalisten gegen die sowjetische Herrschaft, Historiker werfen ihm jedoch Zusammenarbeit mit den Nationalsozialisten vor.

„Die Aussagen des ukrainischen Botschafters sind eine Verzerrung der historischen Tatsachen, eine Verharmlosung des Holocausts und eine Beleidigung derer, die von Bandera und seinen Leuten ermordet wurden“, teilte die israelische Botschaft in Berlin mit. Polens stellvertretender Außenminister Marcin Przydacz nannte die Äußerungen „vollkommen inakzeptabel“. Warschau sei aber „an der Position der ukrainischen Regierung interessiert, nicht an der von Einzelpersonen“.

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