Masken wirken – wenn sie gut sitzen

von Redaktion

VON B. WEGENER, S. MEYER UND C. MÖLLERS

Berlin – Der vorherige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte es Ende April 2020 schon vorausgesehen: „Wir werden in der politischen Debatte und auch in der medialen Debatte nach dieser Corona-Lage alle miteinander viel verzeihen müssen.“ Am Freitag nun hat der Corona-Sachverständigenrat ein Gutachten über die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen in der Pandemie vorgelegt. Dabei kommen die Experten zu dem Ergebnis: Schutzmaßnahmen wie das Maskentragen können ihrer Meinung nach auch weiter gegen das Coronavirus hilfreich sein. Zugangsbeschränkungen nur für Getestete sehen die Experten ebenfalls als mögliche sinnvolle Auflage an. Hinter vielen anderen Auflagen setzt der Sachverständigenausschuss jedoch große Fragezeichen – denn mangels ausreichender Daten seien keine sicheren Bewertungen möglich.

„Wir haben eine schlechte Datenlage“, sagte der Virologe Hendrik Streeck bei der Vorlage des Berichts. Wirkungen und Nebenwirkungen einzelner bisheriger Schutzmaßnahmen sind demnach kaum für sich genommen zu beurteilen. „Im Grunde sind das Maßnahmenbündel, wir können das nicht mehr auseinanderrechnen.“

Einzelne Maßnahmen werden von den Fachleuten unterschiedlich bewertet. So stellte Streeck fest: „Masken wirken – das muss man deutlich sagen.“ Aber: „Eine schlecht sitzende und nicht eng anliegende Maske hat jedoch einen verminderten bis keinen Effekt.“ Da das Coronavirus drinnen eher übertragen werden könne als draußen, „sollte eine Maskenpflicht zukünftig auf Innenräume und Orte mit einem höheren Infektionsrisiko beschränkt bleiben“, so das Gremium.

„Eine generelle Empfehlung zum Tragen von FFP2-Masken ist aus den bisherigen Daten nicht ableitbar“, so das Gutachten weiter. Streeck sagte: „Da sollte sich eine gesonderte Kommission einmal mit beschäftigen.“ Im Übrigen stellte der Virologe heraus: „Es kommt sehr darauf an, dass der Mensch auch mitmachen will.“ Das gelte auch für die Wirkungen von Lockdowns. „Wenn erst wenige Menschen infiziert sind, wirken Lockdown-Maßnahmen deutlich stärker“, so das Gutachten. Je länger ein Lockdown dauere und je weniger Menschen bereit seien, die Maßnahme mitzutragen, desto geringer sei der Effekt. Bei vielen sinkt laut den Wissenschaftlern die Bereitschaft mit der Zeit. Ähnlich wie bei den Lockdown-Maßnahmen sei auch die Kontaktnachverfolgung vor allem in der Frühphase der Pandemie wirksam gewesen.

Einen hohen Effekt messen die Gutachter Zugangsbeschränkungen auf Geimpfte, Genesene und/oder Getestete bei, sogenannten 2G/3G-Maßnahmen – aber vor allem in den ersten Wochen nach der Boosterimpfung oder der Genesung. Der Schutz vor einer Infektion lasse mit der Zeit deutlich nach.

In der aktuellen Phase der Pandemie sei die Beurteilung der Wirkung schwierig. Wenn Maßnahmen nötig würden, sollte zunächst eine Testung unabhängig vom Impfstatus als Zutrittsbedingung empfohlen werden. Wie gut eine Eindämmung über Testung funktionieren könne, müsse aber weiter erforscht werden.

Weiterhin offen sei die genaue Wirksamkeit von Schulschließungen auf die Eindämmung der Ausbreitung des Virus. Weil zeitgleich mehrere Maßnahmen eingeführt wurden, könne deren Effekt allein nicht gemessen werden. Das Gremium stellt zugleich fest, dass im Gegensatz dazu aber die „nicht intendierten Wirkungen“ durchaus untersucht worden seien. Das Gremium rät, eine weitere Expertenkommission sollte die nicht beabsichtigten Folgen „unter besonderer Berücksichtigung des Kindeswohls“ genau prüfen.

Die Sachverständige Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, sagte, nötig sei „so etwas wie ein Rechtsanspruch auf ein Mindestmaß an sozialen Kontakten“. In Familien sei es zu einem „Rückfall in alte Geschlechterrollen“ und zu einem „unglaublichen Ausmaß an mentaler Erschöpfung“ gekommen.

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