Der Bonus-Plan des Kanzlers wackelt

von Redaktion

VON CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

Berlin – Olaf Scholz ist kein Kanzler der schrillen Töne bisher, seine Botschaften wägt er meist ab, gönnt sich ein paar Sekunden Pause vor schwierigen Antworten. Am Sonntag greift er aber zu etwas schärferen Worten. „Sozialer Sprengstoff“, so nennt er im ARD-Interview die Inflation und die steigenden Energiepreise. „Ich mache mir große Sorgen darüber.“ Doch eines bleibt bei seinem Auftritt offen: Wie will er die Explosion dämpfen?

Die Erwartung ist groß. Heute holt der Bundeskanzler die „konzertierte Aktion“ zusammen. Das ist ein komplizierter Begriff aus den 60er-Jahren für ein Treffen mit Arbeitgebern und Gewerkschaften, dazu kommen Bundesbanker und Wissenschaftler ins Kanzleramt. Scholz will in der Runde über Entlastungen der Bürger reden, über dämpfende Mechanismen. Gleichzeitig wird deutlich: Eine schnelle Lösung wird es nicht geben, nicht heute jedenfalls.

Eigentlich schwirrt seit Mitte Juni die Idee durch das politische Berlin, Scholz könne einen Pakt mit den Tarifpartnern schmieden. In den Tarifverhandlungen könnte es hohe Einmalzahlungen für die Beschäftigten geben, aber keine ganz großen Lohnerhöhungen, die die Preisspirale weiter antreiben. Im Gegenzug könnte der Staat die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel senken, um die Menschen zu entlasten.

In der Praxis verhakt sich das in vielen Problemen. Scholz kann in die Tarifverhandlungen nicht eingreifen – da hat die Politik nichts zu melden, nicht mal ein Kanzler. Selbst wenn sich die Tarifpartner darauf einigen, hilft das nur weniger als der Hälfte der Deutschen; jenen nicht, die ohne Tarifbindung arbeiten, und Rentnern gleich gar nicht. Wissenschaftler sind uneins, ob das wirkt.

Gleichzeitig hat Scholz für die Steuer-Pläne in seiner eigenen Koalition bisher keine Mehrheit. Im Gegenteil: Seine eigene Parteivorsitzende fällt ihm in den Rücken. „Einmalzahlungen und befristete Entlastungsmaßnahmen helfen kurzfristig, sind aber auf Dauer keine Lösung“, sagte Saskia Esken am Wochenende. Scholz will deshalb die Erwartungen ans Treffen dämpfen. „Niemand schlägt vor, dass deshalb die eigentlichen Lohnerhöhungen ausbleiben sollen“, sagt er über die Einmalzahlungs-Idee. Und lässt offen, ob er dafür ist. Die Runde gehe ja erst los, sie werde am Montag „noch keine konkreten Maßnahmen vereinbaren“. Er rät, dass sich „in Deutschland wieder alle unterhaken“.

Scholz sagt gleichzeitig: Für heuer würden rund 90 Prozent der Belastungen für Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen abgefedert. Schwieriger werde 2023. Er belässt es bei der vagen Ankündigung, seine Regierung habe die Menschen um 30 Milliarden Euro entlastet und werde hier „weitermachen“.

An externem Rat, wie er weitermachen soll, fehlt es für Scholz nicht. Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) empfiehlt ihm, er solle sich ja aus den Tarifverhandlungen heraushalten. Wenn die Bundesregierung etwas gegen die Inflation tun wolle, müsse sie dafür sorgen, dass die verschuldeten Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen konsolidiert werden.

Der Bundespräsident hingegen dringt auf weitere Entlastungsschritte. Die Pakete, die es bisher gegeben habe, seien gut und notwendig gewesen, sagte Frank-Walter Steinmeier am Sonntag im ZDF. „Aber man wird Instrumente überlegen müssen, wie man insbesondere den Geringverdienern das Leben erleichtert.“

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