Botschafter-Wechsel

Grenzen der Methode Melnyk

von Redaktion

SEBASTIAN HORSCH

Andrij Melnyk ist der wohl undiplomatischste Diplomat, den Berlin seit Langem gesehen hat. Der ukrainische Botschafter hat Deutschland vor den Kopf gestoßen und den Kanzler eine beleidigte Leberwurst genannt. Nun sieht Kiew seine Aufgabe hier offenbar als erfüllt an.

Keine Frage: Melnyks Verhalten war teils unverschämt. Doch wer ihn allein für einen streitlustigen Rüpel hält, unterschätzt den Mann, der schon seit 2015 Kiews Interessen in Berlin vertritt – und das bis zum russischen Angriff auf die Ukraine in diesem Jahr von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt. Vielmehr dürfte Melnyk in kalkulierten Ausbrüchen und Grenzverletzungen einen Hebel gesehen haben, die Dinge in Deutschland zu beschleunigen. Und tatsächlich war es zumindest ein bisschen auch der Erfolg des Botschafters, dass am Ende nicht nur schwere Waffen der Bundeswehr in seinem Land ankamen, sondern auch Olaf Scholz – bei dem sich Melnyk daraufhin für die Leberwurst entschuldigte.

Dass Kiew ihn nun offenbar zurückruft, dürfte nicht nur mit seinen scharf kritisierten Äußerungen über den ukrainischen Nationalisten Stepan Bandera zu tun haben. Es zeigt auch, dass Melnyks Methode zunehmend an Grenzen stößt. Ständige Provokationen bringen kurzfristig Aufmerksamkeit. Doch wenn sich dieser Effekt abnutzt, können sie – auch mit Blick auf die ukrainische EU-Annäherung – zur diplomatischen Last werden.

Sebastian.Horsch@ovb.net

Artikel 1 von 11