Spahn nennt Maskendeals „schäbig“

von Redaktion

VON SEBASTIAN HORSCH

München – Der Zeuge Jens Georg Spahn tritt ausgesprochen höflich auf. Nachdem er den Konferenzsaal im Bayerischen Landtag betreten hat, deutet der CDU-Politiker eine leichte Verbeugung an. „Herr Vorsitzender“, grüßt er Winfried Bausback (CSU), der die Sitzung leitet. Anschließend erteilt Spahn ausdauernd und freundlich Auskunft. Da gab es schon widerwilligere Auftritte vor dem Untersuchungsausschuss „Maske“.

Es ist einer der erwarteten Höhepunkte in diesem Mammutausschuss, der bereits im Winter die Arbeit aufnahm. Spahn ist als ehemaliger Bundesgesundheitsminister der bisher prominenteste Zeuge. Er soll mehr Licht in die unübersichtlichen Verquickungen zwischen Bund, Freistaat, Anbietern und einzelnen Politikern bringen, die 2020 zu Millionen-Geschäften geführt haben – und zu Millionen-Provisionen.

Zu Pandemiebeginn war Schutzmaterial ein weltweit umkämpftes Gut. Ein Umfeld, das sich findige Politiker und Geschäftsleute zunutze machten. Der damalige CSU-Landtagsabgeordnete und Anwalt Alfred Sauter soll von Unternehmensseite mehr als 1,2 Millionen Euro dafür erhalten haben, dass er Kontakte an die politischen Schnittstellen vermittelte, um Maskengeschäfte anzubahnen. An den ehemaligen CSU-Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein soll rund die Hälfte geflossen sein. Andrea Tandler, die Tochter des früheren CSU-Politikers Gerold Tandler, hat gemeinsam mit Partnern wohl noch deutlich mehr rausgeschlagen – es soll um einen hohen zweistelligen Millionenbetrag gehen.

Ob all das abseits von moralischen Fragen auch rechtlich zu beanstanden ist, ist unklar. Für die beiden Abgeordneten hatte ihr Verhalten aber bereits politische Konsequenzen. Nüßlein verlor sein Bundestagsmandat, weil er nicht mehr aufgestellt wurde. Sauter musste die Landtagsfraktion und den CSU-Vorstand verlassen. Im Ausschuss schwiegen beide.

Wirkliche Erkenntnisgewinne gibt es auch diesmal nicht. Spahn darf im Ausschuss nur über die Aspekte der Maskengeschäfte sprechen, die auch Bayern direkt betreffen. Zudem geht es auch um die Hintergründe eines Schnellzulassungsverfahrens für einen Corona-Schnelltest aus Bayern.

Immer wieder weist Spahn in seinen Antworten auf die teils sehr kleinteiligen Fragen auf die schwierigen Umstände hin. „In einer Zeit, in der wir in Deutschland noch nicht so viel über das Virus wussten“, habe es nicht einmal annähernd genug Schutzmasken für das medizinische Personal gegeben. Bei der Beschaffung habe „weltweit Wildwest“ geherrscht. Es sei ein „Nervenkrieg“ gewesen. Die üblichen Wege über Ämter hätten da nicht funktioniert. Deshalb seien auch andere Wege eingeschlagen worden, „die man zu Normalzeiten nicht wählen würde“.

Bei Detailfragen zu den zahlreichen Unterlagen, die ihm der Ausschuss vorhält, verweist der ehemalige Minister darauf, wie viele Schreiben, Anfragen und Anregungen er damals täglich zum Thema Maskenbeschaffung erhalten habe. Obendrein habe er keinen Zugang mehr zu den Akten des Bundesministeriums. Da falle die Erinnerung schwer.

Seiner persönlichen Meinung nach seien die meisten Hinweise auf mögliche Maskenkäufe aber „aus einem patriotischen Verständnis“ heraus gemacht worden, sagt Spahn. Dass einige ihm „persönlich Bekannte“ die Situation hingegen offenbar ausgenutzt hätten, sei „schäbig“ und „auch eine menschliche Enttäuschung“. Spahn betont gleichzeitig: Er habe sich grundsätzlich nicht in die konkrete Bearbeitung der Anliegen von Ländern – etwa beim Thema Sonderzulassungen – eingemischt und seine Behördenleiter immer darin bestärkt, sachlich zu entscheiden – „selbst wenn die Bundeskanzlerin anruft“.

Wohl noch im Sommer soll auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vor dem Ausschuss aussagen. Ein Termin steht noch nicht fest.

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