Masken-Deals: Abgeordnete behalten Millionen

von Redaktion

Bundesgerichtshof urteilt: Keine Korruption, weil Staat eine „Strafbarkeitslücke“ offenlässt

München/Günzburg – Es ist eine spektakuläre Wende in der Affäre um die Masken-Deals von CSU-Politikern. Die zwei schwäbischen Abgeordneten Georg Nüßlein und Alfred Sauter gelten juristisch als unschuldig und nicht korrupt – und die Millionensumme, die sie eingenommen haben, dürfen sie behalten. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden. Ein Aufatmen ist aus der CSU indes nicht zu hören. Eher im Gegenteil.

Nüßlein (bis 2021 Bundestagsabgeordneter) und Sauter (noch immer im Landtag, aber nicht mehr Teil der CSU-Fraktion) gelten bundesweit als Schlüsselfiguren der Masken-Affären. Sie hatten zu Beginn der Pandemie dem Staat den Kauf von Schutzmasken vermittelt. Von beteiligten Unternehmen bekamen sie dafür jeweils zwischen 660 000 und 1,24 Millionen Euro an Provisionen.

Politiker, die in der ärgsten Gesundheitskrise der Republik die Hand aufhalten – moralisch ist das Urteil schnell gesprochen. Juristisch ist das diffiziler. Sauter und Nüßlein haben sich, so meint der Bundesgerichtshof, nicht der Bestechlichkeit von Mandatsträgern schuldig gemacht. Hier ist die Rechtslage weich. Die Richter befinden sinngemäß: Klar rechtswidrig wäre nur gewesen, wenn die Abgeordneten in Ausschüssen oder im Plenum für ihre Maskendeals gestritten hätten. Dass sie den beteiligten Behörden und Ministerien die Angebote unterbreiteten, teils mit dem Hinweis darauf, Abgeordneter zu sein, ist nicht strafbar. Der Bundesgerichtshof deutet an, da bestehe eine „Strafbarkeitslücke“.

Die Opposition im Landtag reagiert verbittert auf die Entscheidung. Das Urteil ändere nichts daran, „dass Sauter und Nüßlein politisch verwerflich Kasse gemacht und ihr Mandat kommerzialisiert haben“, sagt der SPD-Politiker Markus Rinderspacher unserer Zeitung. Ihr Verhalten sei „mehr als unwürdig“. Der Korruptionsparagraf gehöre nun erneuert, die Berliner Koalition arbeite zu Recht daran. Die Grünen schimpfen ebenso über „Geldscheffeln mit dem Mandat“.

Auch für die CSU ist diese Lage nun unangenehm – gerade im Fall des nervenstarken Juristen Sauter. Seine jahrzehntelange Praxis, zwischen privaten Interessen und dem Staat zu vermitteln, wurde von der Partei geduldet, teils auch gefördert; Sauter leitete lange eine Kommission für die Parteifinanzen. Ausgerechnet das Geschäft mit den Masken, für das die CSU mit ihrem früheren Justizminister brach, ihn aus der Fraktion und seinen Parteiämtern drängte, erweist sich nun als legal.

Kann Sauter nun sogar verlangen, wieder in der CSU- Fraktion aufgenommen zu werden? „Ausgeschlossen“, sagt Fraktionschef Thomas Kreuzer auf Nachfrage. Sauter habe sich persönlich bereichert, verwerflich gehandelt und der Fraktion „schweren Schaden zugefügt“.

Parallel dazu läuft der Untersuchungsausschuss im Landtag weiter. Möglich, dass Sauter dort fortan nicht mehr von einem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch machen kann. Gleichzeitig ist aber die Hoffnung der Opposition gesunken, am Ende könne eine Abgeordnetenklage gegen Sauter erfolgen, die zum ersten Mal in Bayerns Geschichte einen Parlamentarier sein Mandat kostet.

CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

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