VON MIKE SCHIER
Seine ersten Monate im Amt dürfte sich Christian Bernreiter anders vorgestellt haben: Am Dienstag erzürnte der Verkehrsminister die Landtags-Opposition, weil er deren Fragen zum Debakel um die zweite Stammstrecke kaum beantworten konnte – oder wollte. Auf Dauer ist diese Strategie gefährlich: Der relativ neue Minister trägt zwar weder für die Kostenexplosion noch für die massiven Verzögerung die Verantwortung, muss aber aufpassen, nicht selbst ins Zentrum der Affäre zu rutschen.
Der Minister sollte sich nun zum schonungslosen Aufklärer machen. Auch im eigenen Laden. Immer mehr zeichnet sich ab, dass seine Vorgänger die Entwicklung entweder verschliefen oder – noch schlimmer – bewusst ignorierten. Passt es zur breitbeinigen Politik der Söder-Regierung, dass man als Auftraggeber bei der Bahn um Informationen betteln muss? Kleine Erinnerung: Es geht hier um Geld der Steuerzahler! Und passt es ins gute Bild der bayerischen Spitzenbeamten, dass sie beim Controlling jahrelang im Dunkeln tappten? Oder wusste man längst Bescheid, behielt den Ärger für die CSU-Verkehrspolitik wegen der Bundestagswahl aber lieber für sich?
Fest steht: Die Opposition wird das Thema im Landtagswahlkampf ausschlachten, der nächste Untersuchungsausschuss zeichnet sich ab. Bernreiter soll 2023 für die CSU in Niederbayern Punkte sammeln. Eigentlich. Stattdessen fragt man dort nun kritisch, was es für die eigenen Projekte bedeutet, wenn der Freistaat drei Milliarden Euro zusätzlich in den Münchner Speckgürtel pumpt. Der Niederbayer (!) Hubert Aiwanger denkt schon laut über einen Baustopp nach. Zufall ist das nicht.
Mike.Schier@ovb.net