Neustart für den Bevölkerungsschutz

von Redaktion

Faeser: „Wir haben uns zu lange sicher gefühlt“ – Mehr Sirenen und Aktionstage auf dem Plan

München – Die Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen jährt sich heute zum ersten Mal. Und dieses verheerende Hochwasser mit 183 Todesopfern hat die Politik wachgerüttelt. „Wir haben uns zu lange sicher gefühlt“, resümierte Innenministerin Nancy Faeser (SPD) gestern bei einer Pressekonferenz zum Thema Bevölkerungsschutz.

Die jüngsten Krisen, wie etwa die Corona-Pandemie, das Hochwasser, Waldbrände und auch der Ukraine-Krieg erfordern, „dass wir unsere Bevölkerung besser schützen“, sagte die Ministerin.

Mit Blick auf die Flutkatastrophe, die Deutschland unvermittelt traf, will Faeser das Land künftig besser auf solche Katastrophen vorbereiten. Ein Bevölkerungsschutztag soll dafür ab 2023 eingeführt werden. Ziel ist es dabei: Katastrophenschutz üben, „ohne Angst zu verbreiten“. So könnten die Bürger entsprechende Vorkehrungen treffen. Der Präsident des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Ralph Tiesler, schlägt dafür etwa einen Notfallvorrat, Erste-Hilfe-Kästen oder alternative Energiequellen vor. „Alles was uns autark macht, macht Deutschland sicherer“, erklärt Tiesler.

Daneben soll es auch einen Warntag geben. Dafür will Innenministerin Faeser am 8. Dezember das sogenannte Cell Broadcasting testen. Im Katastrophenfall werden dann Warnungen direkt auf das Handy der Bürger geschickt. Das „kann Leben retten“, sagt Faeser.

Zusätzlich soll die klassische Warnung per Sirenen wieder eingeführt werden. Die Ministerin stellt fest: „Sirenen sind in den letzten Jahren abgebaut worden.“ Faeser ist deswegen auch im Austausch mit Israel. Dort wird regional vor Gefahren gewarnt – nicht nur bei Naturkatastrophen, sondern auch auch bei Raketenangriffen. Doch es gibt einen Haken: Bis eine Sirene gekauft werden kann, dauert es Jahre: Bundesweit gibt es nur vier Fachfirmen. Gerade bei der Flutkatastrophe sind immer wieder Vorwürfe lautgeworden, dass die Bevölkerung zu spät gewarnt wurde. Faeser versichert: „Wir haben aus den schrecklichen Ereignissen letzten Jahres gelernt.“

Dafür hat das Bundeskabinett gestern eine Strategie zur Stärkung der Resilienz gegenüber Katastrophen beschlossen. Damit will man künftig „besser koordinieren, besser kommunizieren, besser kooperieren“, kündigte Faeser an. So sollen etwa nationale Reserven aufgebaut, spontane Helfer besser eingebunden, langwierige Verwaltungsverfahren abgeschafft und die Koordination mit den Ländern verbessert werden.

Die Bundesregierung will zur Vorsorge mobile Zeltstädte anschaffen, die schnell aufgebaut werden können und Platz für 5000 Menschen bietet. Auch ein gemeinsames Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz wird von Bund und Ländern in Bonn aufgebaut. Außerdem wird der Bund in den nächsten zehn Jahren zehn Milliarden Euro für den Schutz der Bevölkerung ausgeben.

Faeser meint: „Jede Krise ist auch eine Chance, künftig besser gewappnet zu sein“. Vorsorge könnte auch im Zuge des Ukraine-Krieges wichtiger denn je werden. Eine der wahrscheinlichsten Gefahren in Deutschland sieht Gerd Friedmann, Präsident des Technischen Hilfswerks, nämlich in „Angriffen auf die Trinkwasserversorgung oder auf unsere Stromnetze“.

LEONIE HUDELMAIER

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