München – Für einen Justizminister ist es ein Kompliment, entscheidend zur Fortentwicklung des Rechts beigetragen zu haben. Der bayerische Staatsminister für Justiz a.D. Alfred Sauter darf das für sich wohl in Anspruch nehmen. Im Bund kommt langsam ein Prozess in Gang, die Korruptions-Regeln für Abgeordnete zu verschärfen. „Das müssen wir jetzt angehen“, heißt es aus allen drei Parteien, die die Regierung stellen.
Auslöser: der Fall Sauter. Der langjährige CSU-Abgeordnete und -Minister hat unlängst in letzter Instanz im Streit um seine Masken-Geschäfte gewonnen. Die Verkäufe an den Staat zu vermitteln und dafür Provisionen zu bekommen – in seinem Fall 1,2 Millionen Euro an eine nahestehende Firma –, war keine Bestechlichkeit, weil das Gesetz an dieser Stelle eine Lücke hat. Der Schwabe bleibt straffrei, gilt juristisch als unschuldig und darf das Geld in voller Höhe behalten .
Man werde „schnellstmöglich“ die Lücke schließen, sagt die SPD-Rechtspolitikerin Sonja Eichwede dem Tagesspiegel. „Wir arbeiten bereits intensiv an einer wirksamen und praxistauglichen Gesetzesverschärfung.“ Die Ampel-Koalition arbeite „mit hoher Priorität“ daran, Abgeordnetenbestechlichkeit effektiv zu verhindern, sagen auch der FDP-Jurist Stephan Thomae sowie mehrere Grünen-Politiker. So verspricht es ja auch der Koalitionsvertrag, Seite 9.
Reformiert werden soll Paragraf 108e im Strafgesetzbuch. Sauter und seinen Parteifreund Georg Nüßlein rettete juristisch, dass sie – vereinfacht – sagen konnten, als Privatleute Masken weiterverkauft zu haben, nicht als Abgeordnete. Künftig soll klar sein, dass auch der Missbrauch des Ranges eines Abgeordneten und eine damit verbundene Vorteilsnahme strafbar sind. Auch aus der CSU im Bundestag kommt dafür Unterstützung.
In Bayern ist eine weitere Verschärfung formal seit April in Kraft, sogar noch klarer. Seither ist allen Abgeordneten verboten, Geschäfte mit oder gegen den Staat zu machen, auch nicht als Anwalt, nicht mit nachgeordneten Behörden oder Staatsbeteiligungen. Auch hier klingt viel nach Sauter, der als Anwalt unter anderem in vielen Grundstückssachen Kunden für, mit, gegen den Freistaat betreute. Gleichzeitig soll Abgeordneten aber nicht jeder Nebenberuf verboten werden – sie sollen ja weiterhin auch im normalen Leben stehen.
In einem zentralen Punkt hakt es allerdings noch: Die Nebeneinnahmen der Abgeordneten, die eigentlich seit Juli centgenau veröffentlicht sein müssten, sind noch nirgends zu finden. Das Landtagsamt ist mit so vielen Mitteilungen, die kurz vor Ende der Frist eintrafen, überlastet. Nun wird der 25. Juli angepeilt. Bisher galt eine Stufen-Regelung. Für Top-Verdiener war das schonend – sie mussten keine Zahlen nennen, sondern lediglich „Stufe 10“, die alles über 250 000 Euro zusammenfasst.
Unterdessen hat sich die Opposition darauf festgelegt, Sauter erneut in den laufenden Masken-Untersuchungsausschuss im Landtag vorzuladen. Nach dem BGH-Urteil habe Sauter nun kein Aussageverweigerungsrecht mehr, sagt der SPD-Abgeordnete Markus Rinderspacher. „Als Zeuge ist er jetzt verpflichtet, reinen Tisch zu machen. Wer mit der Not der Menschen Millionen verdient, muss vor der demokratischen Öffentlichkeit Rede und Antwort stehen.“ C. DEUTSCHLÄNDER