Ein General, seit Tag eins unter Feuer: Der CSU-Abgeordnete Martin Huber (44, Landkreis Altötting) ist im Mai ohne Schonfrist in das neue Amt als Generalsekretär gestartet. Er soll eine auch nach Corona verunsicherte CSU managen, die Weltlage hat sich dramatisch geändert, und privat hat er noch die Frage angeblicher Plagiate in seiner Dissertation am Hals.
Stephan Mayer ist gescheitert, jetzt Ihr überschatteter Start als Generalsekretär: Die Abteilung Attacke ist voll in der Defensive. Wie bitter ist das für die CSU?
Die CSU liegt laut aktuellen Umfragen bei 40 Prozent, Markus Söder hat 59 Prozent Zustimmung in Bayern. Welche Defensive meinen Sie?
Früher waren CSU-Generale laut und kantig. Von Ihnen war wenig zu vernehmen. Ihr Stil – oder schweigen Sie, solange Ihre Plagiatsaffäre schwelt?
Nein. Wir reden doch gerade, oder? Die Schwerpunkte sind gerade andere. Wir müssen nach Corona das Parteileben wieder neu erwecken, führen unzählige Gespräche an der Basis, sammeln Vorschläge für das neue Grundsatzprogramm. Das Interesse und die Beteiligung sind riesig, wir haben schon mehrere hunderte Einsendungen. Wenn nötig, zeige ich auch klare Kante – aber nicht planlos.
Sind Sie noch Dr. Huber, oder nur Huber?
Ich bin da völlig uneitel. Für die meisten bin ich ohnehin einfach nur der Martin.
Wird Ihnen die Uni den Doktortitel aberkennen?
Die Uni prüft. Ich warte ab.
Reinen Gewissens?
Ich habe die Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen verfasst.
Schauen wir auf die Regierung in München. Ihr Koalitionspartner Aiwanger hat intern vorgeschlagen, die Notbremse beim Milliardengrab Stammstrecke zu ziehen. Spricht er aus, was viele denken?
Nein. Die zweite Stammstrecke ist für ganz Südbayern sehr, sehr wichtig. Das Projekt nicht weiterzuverfolgen, wäre grundfalsch. Wir sind entsetzt, dass Grüne und FDP in München gegen das Projekt sind. Jetzt braucht es ein klares Bekenntnis von FDP-Verkehrsminister Wissing zur Stammstrecke – es war ein Unding, wie er sich dem Dialog verweigert hat. Und dann muss die Bahn exakt darlegen, warum die Kosten plötzlich so gestiegen sind.
Ihr Parteivize Manfred Weber wirbt offen für Schwarz-Grün. Geht das große Bäume-Umarmen in der CSU wieder los?
Koalitionsfragen spielen jetzt echt keine Rolle. Viele Menschen machen sich Sorgen, wie sie mit dieser Inflation und Energieknappheit durch den Winter kommen. Das sind die Fragen, die uns beschäftigen müssen. Die Lage ist dramatisch. Aber klar ist: In Bayern wollen wir definitiv kein Schwarz-Grün, sondern eine bürgerliche Mehrheit.
Eingebrockt hat uns die Russen-Abhängigkeit die Unions-Regierung in Berlin, 16 Jahre lang. Wäre es nicht an der Zeit, dass auch die CSU Fehler einräumt?
Wir müssen immer darüber reden, was wir besser machen können. Aber so einfach geht es auch nicht, jetzt so zu tun, als wären alle anderen nur in der Opposition gewesen. Zwölf Jahre war die SPD mit in der Regierung und die entscheidenden Weichen wurden mit einem breiten gesellschaftlichen Konsens gestellt. Und jetzt erleben wir eine Ampel-Bundesregierung, die sich in allen Fragen wie die Kesselflicker streitet. Noch nicht mal die Verlängerung der drei Kernkraftwerke, die zehn Millionen Haushalte mit Energie versorgen können, bekommen die hin.
Außenministerin Baerbock sagt: Wir halten ohne Wenn und Aber an allen Sanktionen voll fest. Sehen Sie das auch so?
Wir müssen den Druck gegenüber Russland aufrechterhalten. Aber wir sehen natürlich schon: Die Sanktionen treffen uns auch. Wir werden in Engpässe geraten im Winter. Interview: geo/mik/cd