WIE ICH ES SEHE

Offenbarungseid deutscher Energie- und Klimapolitik

von Redaktion

„Die Kälte kommt – der Gasmann geht“. Unter dieser Überschrift stand am 10. Januar 2009 an dieser Stelle zu lesen: „Auf die Ostsee-Pipeline, die von allen Anrainerstaaten abgelehnt wird, sollten wir verzichten. Nur eine Verbreiterung unserer Energiequellen kann uns davor schützen, von Russland immer wieder als Geisel genommen zu werden.“

Der grüne Feldzug gegen unsere Industrie fing da aber erst richtig an. 2011 kam der Ausstieg aus der CO2-freien Hochtechnologie Kernkraft. Nord Stream 1 und dann sogar Nord Stream 2 wurden durchgewunken. Windenergie, die man nicht speichern kann, ist unzuverlässig und nicht grundlastfähig nach heutigem Stand. Da wurde das Russengas so wichtig, dass es auf Druck Deutschlands in der EU als „nachhaltig“ ausgewiesen wurde.

Bedenken gegen das Klumpenrisiko einer Abhängigkeit von Russland hatte niemand. Am 24.2.2022 sind wir „in einer anderen Welt aufgewacht“, sagt Außenministerin Annalena Baerbock. Aber es waren jahrelange Tagträume, Wunschvorstellungen und ein konsequentes Verleugnen der Realität, aus dem unsere schlafwandelnden Spitzenpolitiker unsanft geweckt wurden. So ist es gekommen, dass wir heute den Offenbarungseid deutscher Energie- und Klimapolitik erleben.

Es ist aber noch nicht zu spät, die Weichen richtig zu stellen. Dazu gehört zunächst, kein Gas von Russland mehr abzunehmen. Unsere Wirtschaft wird dadurch keineswegs zusammenbrechen, wir müssen nur im Verbrauch sparen. Das ist unangenehm und muss im privaten Bereich anfangen. Denn Teile der Industrie sind unbedingt auf Gas angewiesen. Nicht einmal Milch könnten wir liefern, weil die Molkereien Gas brauchen zum Pasteurisieren.

Für die Zukunft setzt die Politik viel zu sehr auf Windräder. In geringer Anzahl sind sie akzeptabel, aber auf keinen Fall darf man die ganze Energieversorgung unseres Landes davon abhängig machen. Die 2-Prozent-Vorgabe für Windparkflächen kann in Küstenländern zu wenig und in anderen windarmen Ländern zu viel sein.

Überhaupt kranken alle Vorgaben des Staates an einem Machbarkeits-Wahn. Niemand weiß doch wirklich, welche Energieform in zehn oder zwanzig Jahren die richtige ist. Das hängt von so vielen Faktoren ab, insbesondere vom ständigen technologischen Fortschritt, der es ermöglicht, auch konventionelle Antriebsarten immer umweltschonender zu machen. Sind Verbrennungsmotoren wirklich auf Dauer klimaschädlicher als Elektrofahrzeuge? Das kann nur der Wettbewerb um die beste nachhaltige Energieform herausfinden. Der Staat muss endlich aufhören, alles zu subventionieren und eine total dirigistische Energiepolitik zu betreiben. Neue und bessere Energieformen und Techniken entwickeln sich ganz von selber, wenn die richtigen Rahmenbedingungen gesetzt werden – zum Beispiel durch den Handel mit CO2-Rechten nach dem erfolgreichen EU-Muster. Ein Staat, der alles wissen und regeln will, wird am Ende scheitern.

Robert Habeck muss den Deindustrialisierungsprozess in Deutschland stoppen. Unsere überhöhten Strompreise sind dabei, ganze Branchen ins Ausland zu vertreiben. Wir brauchen zur Kernkraft eine eigene Erdgasproduktion durch das zu Unrecht verpönte Fracking. Wir müssen froh sein, dass unsere modernen Kohlekraftwerke noch in Betrieb sind als ungeliebte altmodische Not-reserve.

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VON DIRK IPPEN

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