Gas durch Nord Stream 2?

Putins Spiel mit dem Westen

von Redaktion

VON MIKE SCHIER

In Deutschland bahnt sich eine heikle Debatte an: Die Front der demokratischen Parteien in der Sanktionsfrage gegen Russland weist erste Risse auf. Während sich hierzulande eine handfeste Gas- und Wirtschaftskrise abzeichnet, weicht Russland mit seinen Exporten einfach auf andere Länder aus. Laut Reuters kauft Saudi-Arabien billig russisches Öl – um sein eigenes teuer an uns zu verkaufen. Außenministerin Annalena Baerbock gibt sich in Sachen Sanktionen zwar felsenfest, in der CSU aber sind erste Absetzbewegungen zu erkennen.

Die noch leise Debatte könnte sehr bald Fahrt aufnehmen. Mancher befürchtet schon, dass Wladimir Putin Nord Stream 1 unter fadenscheinigen Begründungen nicht mehr öffnet, dafür aber schelmisch anbietet, sein Gas über Nord Stream 2 zu liefern. Der russische Präsident kennt die Mechanismen des Westens genau: Während er selbst in seinem Land die freie Meinungsäußerung gnadenlos unterdrückt (aktuell geht er gegen die Investigativplattform Bellingcat vor), befeuert er den politischen Streit in den Demokratien äußerst geschickt.

Die EU-Kommission versucht offenbar bereits, in der Debatte gegenzusteuern. Wohl nicht ganz zufällig tauchten am Freitag Zahlen auf: Die bisherigen Ausfuhren Russlands in die EU haben sich quasi halbiert, die russische Wirtschaftsleistung dürfte in diesem Jahr um 10,4 Prozent schrumpfen – während die EU-Wirtschaft trotz Sanktions- und Kriegsfolgen um 2,7 Prozent wachse. Klingt gut. Das Problem ist nur: Bis in Russland daraus Druck auf die Führung entsteht, dürfte es lange, lange dauern. Ob der Westen einen sooo langen Atem hat?

Mike.Schier@ovb.net

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