Die Frage ist ja: Wie konnte das passieren? Zuerst: Wie konnte ein riesengroßes Banner auf einer der wichtigsten Kunstausstellungen der Welt gezeigt werden, das antisemitische Bildinhalte enthält? Dass dieses Banner auf der documenta 15 überhaupt zu sehen war, ist die erste Ungeheuerlichkeit. Ungeheuerlich ist aber auch, was dann passierte. Sabine Schormann, der der Titel der „Generaldirektorin“ bei ihrer Berufung zur documenta-Geschäftsführerin noch so wichtig war, wollte nach Bekanntwerden dieses Skandals dann auf einmal von generellen Direktiven nichts mehr wissen. Statt zu überprüfen, wie es zu dem Skandal kommen konnte, steckte sie den Kopf in den Sand. Meron Mendel warf daraufhin sein Amt als Antisemitismus-Berater der Schau hin. Weil sich Schormann auch ihm gegenüber taub gestellt hatte. Von groß angekündigter Aufklärung nichts zu sehen.
Das ist der Grund, warum Schormanns Rücktritt überfällig war. Die 60-Jährige reiht sich ein in die immer länger zu werden scheinende Reihe von Verantwortungsträgern, die alles tun – nur nicht ihrer Verantwortung gerecht werden. Dieses Festhalten an der Macht, allen Fehlern zum Trotz, ist unerträglich. Haben wir verlernt, für das, was im eigenen Dunstkreis falsch gelaufen ist, geradezustehen? Öfter mal ein klares: „Entschuldigung, das hätte so nicht laufen dürfen“ samt Konsequenzen-Ziehen wäre wohltuend. Für jeden Einzelnen und für uns als Gesellschaft. Weniger rumeiern, mehr Geradlinigkeit.
Katja.Kraft@ovb.net