Die Europäische Zentralbank (EZB) hat das erste Mal seit 2011 die Zinsen erhöht – und das kräftiger als erwartet. Angesichts der hohen Inflation ist das gut und richtig. Gleichzeitig hat sie ein umstrittenes Hilfsprogramm vorgestellt. Es soll verhindern, dass hoch verschuldete Staaten ungerechtfertigt hohe Zinsen zahlen. Wann das genau der Fall ist? Entscheidet die EZB. Neben dem europäischen Rettungsschirm ist das nun das zweite parallele Hilfsprogramm. Nötig wurde es aus zwei Gründen. Erstens steigt durch die höheren Zinsen für Länder mit hohen Schulden die Gefahr, früher oder später doch wieder Zahlungsprobleme zu bekommen. Und zweitens haben diese Länder wenig Lust auf das bisherige Hilfsprogramm, weil es im Gegenzug für Hilfen strenge Reformen verlangt. Das neue Instrument, das die EZB auf zwei schlanken Druckseiten skizziert hat, scheint da laxer zu sein und Hintertüren zu haben. Wer Hilfen will, gegen den darf zum Beispiel kein EU-Defizitverfahren laufen. Gegen zu hohe Defizite geht die EU aber wegen Corona ohnehin gerade nicht vor und das könnte wegen des Ukraine-Kriegs weiter so bleiben.
Vor allem das hoch verschuldete Italien, das politisch wieder vor einem Scherbenhaufen steht, darf sich über das Programm freuen. Die EZB scheint zu signalisieren: Wir stehen mit dem Besen als Ausputzer bereit – egal, was ihr macht, egal was passiert. Diesen Rückhalt hätte eine Privatperson, der das Wasser finanziell bis zum Hals steht, wohl auch gerne.
Andreas.Hoess@ovb.net