Scholz und das neue „Bürgergeld“

Der Staat muss helfen, aber richtig

von Redaktion

VON GEORG ANASTASIADIS

Deutschland rettet seinen Gas-Giganten Uniper, und alle Gas-Kunden zahlen notgedrungen mit. In seiner großen „You’ll-never-walk-alone“-Rede an die Nation verspricht der Kanzler den Bürgern staatlichen Beistand. Mehr Heizkostenzuschüsse soll es geben und Kündigungsschutz für Mieter, die ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können. So weit, so gut. Doch Olaf Scholz mogelt auch ein neues Gesetz in sein Rettungspaket, das da nicht hingehört und dem Solidaritätsgedanken Hohn spricht: Zum Jahreswechsel soll die bisherige Grundsicherung zum „Bürgergeld“ werden. Der Gesetzentwurf von SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil, der Hartz IV vergessen machen soll, zerstört einen zentralen Baustein des Prinzips „Fördern und Fordern“: Grundsicherungsempfänger, die etwa wiederholt Termine im Jobcenter versäumen, sollen künftig sechs Monate lang keine Leistungskürzungen befürchten müssen. Heil nennt das wohlklingend „Vertrauenszeit“.

Wie bitte? Zwei Millionen Stellen sind in Deutschland unbesetzt, Betriebe suchen verzweifelt Mitarbeiter, gerade auch gering qualifizierte – und die Regierung will den Menschen Anreize zur Arbeitsaufnahme nehmen? Richtig wäre, da hat die FDP Recht, das Gegenteil: Menschen, die künftig Bürgergeld beziehen, sollten zur Arbeitsaufnahme motiviert werden, indem sie einen größeren Teil ihres Einkommens aus einem Minijob oder aus Teilzeit behalten dürfen. Den Weg zurück in den Arbeitsmarkt zu ebnen ist besser, als Sozialleistungen noch attraktiver zu machen. Gerade die Kanzler-Partei SPD sollte nicht die Illusion nähren, der Staat könne inmitten der größten Krise der Nachkriegszeit den Sozialstaat weiter aufblähen. Die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens durch die Hintertür ist schlicht nicht finanzierbar.

Viele Normalverdiener, die keine Grundsicherung beziehen, bangen angesichts explodierender Preise um ihren Lebensunterhalt, verzichten auf den verdienten Urlaub. Für sie wäre ein Ampel-Bürgergeld, das  nicht die Schwachen, sondern die Bequemen schützt, ein Schlag ins Gesicht. Solidarität darf keine Einbahnstraße sein.

Georg.Anastasiadis@ovb.net

Artikel 10 von 11