London – Im Rennen um die Nachfolge des britischen Premierministers Boris Johnson liegt Außenministerin Liz Truss Umfragen zufolge vorn. Truss und ihr Konkurrent, Ex-Finanzminister Rishi Sunak, lieferten sich am Montagabend in ihrem ersten TV-Duell einen harten Schlagabtausch. Themen waren unter anderem die Steuerpolitik, der Umgang mit China und der Brexit.
Sunak kritisierte Truss’ Pläne für rasche Steuersenkungen. „Ich denke nicht, dass das richtig ist, ich denke nicht, dass das verantwortungsvoll ist, und es ist sicherlich nicht konservativ“, sagte der Tory-Politiker. Steuersenkungen, bevor die Inflation unter Kontrolle gebracht werde, wären wie ein „kurzfristiger Zuckerschub“.
Truss entgegnete, Sunaks Pläne würden Großbritannien in eine „Rezession“ stürzen. Sie wolle sofort handeln, weil die Menschen Mühen hätten, über die Runden zu kommen. Sunak habe als Finanzminister die Steuern auf „den höchsten Satz seit 70 Jahren“ angehoben.
Truss warf ihm auch vor, in der Vergangenheit einen zu weichen Kurs gegenüber China gefahren zu haben. So habe er sich noch vor einem Monat für „engere Handelsbeziehungen mit China“ ausgesprochen. Dass sich Sunak nun am Wochenende für einen harten Kurs gegenüber Peking aussprach, kommentierte die 46-jährige Außenministerin mit den Worten: „Ich bin entzückt, dass du dich jetzt meiner Denkweise angeschlossen hast.“
Der 42-jährige Sunak entgegnete, Truss habe mit Blick auf China ebenfalls eine Wandlung vollzogen. Auch sie habe in der Vergangenheit engere Beziehungen zu Peking befürwortet.
Die Abgeordneten der Tory-Partei hatten Sunak und Truss für die Stichwahl für das Amt des Partei- und somit auch des Regierungschefs ausgewählt. Dabei können alle rund 200 000 Parteimitglieder abstimmen. Das Ergebnis wird am 5. September verkündet. Laut einer Umfrage nach der TV-Debatte sahen 47 Prozent der befragten konservativen Wähler Truss als Siegerin, 38 Prozent fanden Sunaks Auftritt besser.
Ein Teil der Partei lastet Sunak an, mit seinem Rücktritt als Minister Anfang Juli zum politischen Aus Johnsons beigetragen zu haben. Truss war eher schwach in den Wettkampf um die Tory-Spitze gestartet. Sie schaffte es unter anderem deshalb in die Stichwahl mit Sunak, weil sie ihre Beliebtheit beim rechten Flügel der Partei mit Versprechen steigerte, Steuern zu senken und staatliche Regulierung abzubauen.
Bei einem zweiten Schlagabtausch gestern Abend musste das TV-Duell eine halbe Stunde nach Beginn abgebrochen werden: Die Moderatorin Kate McCann fiel plötzlich in Ohnmacht. Später teilte der Sender TalkTV mit, dass es McCann gut gehe.