Vor gar nicht langer Zeit hat das Land noch ganz andere Corona-Sorgen gehabt. Im Frühjahr 2021 war eine Impfung beinahe ein Statussymbol. Quälend lange Monate vergingen, bis jeder, der wollte, sich auch wirklich immunisieren lassen konnte. Und selbst im Winter, als genügend Dosen vorrätig waren, war eine Booster-Impfung noch oft mit Schlangestehen verbunden.
Daran sollte denken, wer Karl Lauterbach nun einen verschwenderischen Umgang mit Impfstoff vorwirft. So frustrierend es sein mag, dass das Serum millionenfach vernichtet wird (was nicht mit Lauterbachs Bestellungen zu tun hat, sondern mit denen seines Vorgängers): Der Überfluss von heute hat seinen Ursprung im Mangel von damals. Ein zweites Mal wollte sich kein Politiker vorhalten lassen, unzureichend vorgesorgt zu haben.
Im Nachhinein die Dinge besser zu wissen, ist keine Kunst. Ein Gesundheitsminister kann es sich so bequem aber nicht machen. Er muss handeln, das tut Lauterbach, und dass er das Virus unterschätzen würde, kann ihm wahrlich niemand vorwerfen. Das Problem ist deshalb weniger, dass die Bundesregierung zu leichtfertig mit öffentlichen Mitteln verfahren wäre. Viel fataler ist, dass es nun keine andere Bestimmung für die kostbaren Dosen mehr gibt als den Müll. Der Spenden-Überfluss ist nicht nur in Deutschland zu groß geworden, um ihn logistisch noch zu bewältigen.
Marc.Beyer@ovb.net