Berlin/München – Der Streit um die geplante Stilllegung von Getreide-Anbauflächen gärt schon seit Wochen – gleichzeitig drohen in vielen Teilen der Welt Getreide-Engpässe und Hungersnöte. Gestern konnten sich die Landwirtschaftsminister von Bund und Ländern nicht auf Ausnahmen von Umweltauflagen zur Steigerung des Getreideanbaus einigen. Zu der von der EU vorgeschlagenen Möglichkeit, im kommenden Jahr Ausnahmen beim Fruchtwechsel und bei der Stilllegung von Ackerflächen zu erlauben, konnte keine einheitliche Haltung gefunden werden. Eine Aussetzung ist laut EU-Recht bisher nur möglich, wenn die Bauern gleichzeitig auf andere Öko-Maßnahmen verzichten.
Der grüne Bundesagrarminister Cem Özdemir will in der kommenden Woche einen Vorschlag vorlegen. Er warnte davor, so zu tun, als bräuchte man in dieser Frage nur einfach einen Knopf zu drücken, um eine Lösung zu finden. Während die Kritiker betonen, dass durch die Aufschiebung der Stilllegung fünf Millionen Tonnen Getreide zusätzlich angebaut werden könnten, legte Özdemir eine andere Rechnung vor. Umgerechnet würden jährlich durch weggeworfene Lebensmittel zehn Millionen Tonnen Getreide vernichtet. „Wenn das nicht organisierter Wahnsinn ist, weiß ich es auch nicht.“ Auch die Tierhaltung benötige Millionen Tonnen Getreide.
Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU) setzte sich erneut nachdrücklich für die Aussetzung der Stilllegung ein. „Die Landwirte brauchen schnellstens Klarheit darüber, was sie in wenigen Tagen nach der Ernte anbauen können“, sagte sie. Deswegen müsse die Bundesregierung die von der Kommission vorgeschlagene Aussetzung der Stilllegung schnell umsetzen und darüber hinaus den Anbau der gleichen Frucht in 2023 zulassen. „Dazu muss der Bund bei der Kommission aber auch durchsetzen, dass es dabei keine Einschränkungen bei den Ökoregelungen und bei den Maßnahmen des Kulturlandschaftsprogramms gibt. Sonst sind die Regeln für die Praxis ungeeignet.“
Deutschland dürfe keinesfalls über EU-Anforderungen hinausgehen: „Das sind wir unseren Bäuerinnen und Bauern, aber auch unserer globalen Verantwortung für die Ernährungssicherung schuldig.“ cm