Ein Schiff der Hoffnung

von Redaktion

Ende der Getreide-Blockade – Erster Frachter mit Mais verlässt die Ukraine mit Kurs auf den Libanon

Odessa/Istanbul/Moskau – Erstmals seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hat wieder ein Schiff mit Getreide den Hafen von Odessa verlassen. Nachdem der Start ursprünglich für 7.30 Uhr MESZ angekündigt worden war, brach das Frachtschiff „Razoni“ gestern Morgen um 8.18 Uhr MESZ über das Schwarze Meer in Richtung Libanon auf. Es hat nach offiziellen Angaben rund 26 000 Tonnen Mais geladen. Sie müssen nun durch einen speziellen Seekorridor sicher durch in ukrainischer Küstennähe vermintes Gewässer gelotst werden. Die internationale Gemeinschaft reagierte erleichtert, weil das Korn im Kampf gegen den Hunger in der Welt helfen soll.

Die Kriegsgegner Ukraine und Russland hatten am 22. Juli unter Vermittlung der Vereinten Nationen jeweils getrennt mit der Türkei ein Abkommen in Istanbul unterzeichnet, um von drei Häfen aus Getreideausfuhren aus der Ukraine zu ermöglichen (wir berichteten). Von der Vorjahresernte warten ukrainischen Angaben zufolge noch über 20 Millionen Tonnen Getreide auf die Ausfuhr. Die Ukraine zählte vor dem russischen Angriffskrieg zu den wichtigsten Getreide-Exporteuren der Welt. Für sie geht es um Milliardeneinnahmen.

Russland sichert in dem Abkommen zu, Schiffe über einen sicheren Seekorridor fahren zu lassen und diese sowie beteiligte Häfen nicht anzugreifen. Die Handelsschiffe werden von einem Kontrollzentrum in Istanbul überwacht, das mit Vertretern Russlands, der Ukraine, der Vereinten Nationen und der Türkei besetzt ist.

Die unter der Flagge des westafrikanischen Landes Sierra Leone fahrende „Razoni“ wird in der Nacht zu Mittwoch vor der Küste der Meerenge Bosporus in Istanbul erwartet. Dort werde der Frachter vor der Weiterfahrt inspiziert, sagte der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu. Schiffe sollen bei der Ein- und Ausfahrt ins Schwarze Meer inspiziert werden. So soll auf Verlangen Russlands sichergestellt werden, dass die Schiffe keine Waffen oder Ähnliches an Bord haben.

Anschließend soll der Frachter ins Mittelmeer weiterfahren und den Libanon ansteuern. Nach ukrainischen Angaben warten bereits 16 weitere Schiffe in den Häfen der Ukraine am Schwarzen Meer darauf, ablegen zu können.

„Das ist ein Hoffnungsschimmer in einer sich zuspitzenden Ernährungskrise“, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Christofer Burger, in Berlin. „Gleichzeitig arbeiten wir weiter mit Hochdruck an der Schaffung von alternativen Routen“, sagte Burger weiter. Der Neustart der ukrainischen Getreideexporte ist nach Einschätzung der EU ein erster Schritt zur Linderung der durch Russlands Krieg ausgelösten Welternährungskrise. UN-Generalsekretär António Guterres würdigte die Ausfuhr des ersten Schiffs aus Odessa als „Meilenstein“ und als „enorme kollektive Leistung“ des in dem Abkommen vereinbarten internationalen Koordinierungszentrums in Istanbul. Die Welthungerhilfe begrüßte den ersten Getreideexport aus Odessa: „Das Schiff, das heute Morgen den Hafen von Odessa Richtung Libanon verlassen hat, könnte ein Schiff der Hoffnung werden.“ Es werde im Libanon dringend erwartet.

Artikel 8 von 11