Corona-Kurs: Die Ampel schaltet um

von Redaktion

VON SEBASTIAN HORSCH

München – Es gibt dieses Zitat von Marco Buschmann, das ihm in den kommenden Monaten wohl noch viele vorhalten werden. „Es gibt ein absolutes Ende aller Maßnahmen, und alle Maßnahmen enden spätestens mit dem Frühlingsbeginn im März 2022“, hatte der FDP-Politiker im Oktober vergangenen Jahres gesagt. Neun Monate später ist er selbst es, der – inzwischen als Bundesjustizminister – dem Land verklickern muss, warum ab Oktober plötzlich wieder umfangreichere Maskenpflichten nötig sein sollen.

Monatelang hat Buschmann mit Karl Lauterbach (SPD) darüber verhandelt, wie Deutschland in einen neuen Corona-Herbst gehen soll. Weil das zuletzt überraschend geräuschlos geschah, kommt die Nachricht, dass sich beide nun einig sind, am Mittwoch beinahe überraschend. Was die Minister dann präsentieren, ist auch eine Rückkehr zur Zuständigkeit der Länder. Denn bundesweit sollen von Oktober bis Anfang April nur einige wenige Maßnahmen gelten – etwa die Maskenpflicht in Flugzeugen und in der Bahn, oder die zusätzliche Testpflicht in Krankenhäusern.

Doch die Bundesländer erhalten wieder zusätzliche Kompetenzen. Unabhängig von Inzidenzen oder anderen Werten sollen sie ab Oktober eine FFP2-Maskenpflicht in öffentlichen Innenräumen verhängen können, in Schulen sollen ab den fünften Klassen ebenfalls wieder Masken obligatorisch werden können, wenn es die Situation erfordere und die Landesregierungen es so wollen. Und wenn die Zahlen steigen sollten, wären noch mehr Restriktionen möglich.

Lauterbach sieht Deutschland damit gut aufgestellt. Es sei relativ wahrscheinlich, dass man es auch im Herbst mit der Omikron-Variante BA.5 zu tun haben werde und nicht mit einer neuen Kombination aus Delta und Omikron. Insofern sei zwar mit vielen Fällen zu rechnen, aber nicht mit einer erhöhten Tödlichkeit. Trotzdem drohe gerade mit Blick auf die Krankenhäuser „eine Kerze, die an beiden Enden brennt“ – einerseits hätten die Kliniken viele Infizierte zu versorgen, andererseits selbst viele Personalausfälle. Er rechne damit, „dass wir in eine relativ schwierige Lage kommen“, sagt Lauterbach.

Als die Ampel im Frühjahr die meisten Corona-Schutzmaßnahmen zurückfahren ließ, konnte man auch im bayerischen Landtag FDP-Abgeordnete beobachten, die darüber feixten, wie ihr Parteifreund den Gesundheitsminister über den Tisch gezogen habe. Buschmann gibt sich am Mittwoch alle Mühe, den Eindruck zu zerstreuen, dass es diesmal umgekehrt gewesen sein könnte. Schließlich habe man festgelegt, dass es keine pauschalen Schulschließungen gebe, betonte er. Und auch im Herbst und Winter gelte: „Freiheitseinschränkungen darf es nur geben, wenn sie erforderlich sind.“ Wobei darüber dann nicht mehr in Berlin entschieden würde, sondern in Erfurt, Stuttgart oder München. Nicht nur in den sozialen Medien zeigt sich bereits, wie viele es der FDP übel nehmen, dass ausgerechnet die Liberalen nun die Maskenpflicht zurückbringen.

Doch auch in Bayern hält sich die Begeisterung gestern noch in scharfen Grenzen. „Gut gemeint heißt noch lange nicht gut gemacht“, beschwert sich Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU). Zwar begrüße er „natürlich“ alle Maßnahmen, die wie Masken im Innenraum den Infektionsschutz stärken würden. Doch blieben viele Fragen offen. „So soll die Maske nur für öffentlich zugängliche Innenräume angeordnet werden können, ohne dass klar wäre, was ein öffentlich zugänglicher Innenraum ist“, klagt Holetschek. Außerdem würden die Länder verpflichtet, getestete, frisch geimpfte und genesene Personen zum Beispiel in der Gastronomie von der Maskenpflicht wieder auszunehmen. Das könne aber „im Vollzug vor Ort kein Mensch kontrollieren.“

Ob Bayern seine neuen Möglichkeiten direkt nutzen, und ab 1. Oktober neue Maskenpflichten verhängen würde, lässt Holetschek offen. Das müssen man sich mit Blick auf das Infektionsgeschehen „erst mal genau anschauen und sorgsam abwägen“, sagt er unserer Zeitung.

In Bayern hält sich die Begeisterung in scharfen Grenzen

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