Deutsche Industrie fordert mehr Tempo

von Redaktion

BDI-Präsident Russwurm kritisiert das Energie-Krisenmanagement der Bundesregierung

Berlin – Gekürzte russische Gas-Liefermengen und die Aussicht auf noch größere Lücken: Die deutsche Politik muss Riesenprobleme lösen, und die deutsche Industrie schlägt Alarm.

Siegfried Russwurm, der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), nannte die Lage angesichts der Drosselung russischer Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 sehr ernst. „Eines haben wir ja alle gelernt: Der Gasfluss scheitert nicht an der Technik“, sagte er. „Es ist der Präsident im Kreml, der politisch entscheidet, wie viel Gas wir kriegen, egal, mit welchem Argument er das begründet.“

Deswegen fordert der BDI-Präsident von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und der Bundesregierung mehr Tempo bei der Umsetzung beschlossener Maßnahmen, wie dem Ersatz der Stromerzeugung aus Gas durch das Wiederanlaufen von Kohlekraftwerken. Habeck habe am 18. Juni erklärt, dass Kohlekraftwerke aus der Reserve geholt werden müssten. Erst sieben Wochen später sei das erste wieder ans Netz gegangen. Das sei nicht das Tempo, das jetzt gebraucht werde. „Deutschland befindet sich in der größten Energiekrise seit Bestehen der Bundesrepublik. Wirtschaft und Privatverbraucher müssen ihren Teil zum Gassparen beitragen, um Produktionsstopps zu verhindern.“

Aber auch an anderen Stellen gehe es zu langsam voran, beklagte Russwurm. Er nannte den Brennstoffwechsel in Betrieben – weg vom Gas zum Beispiel zurück zum Öl. „Viele Unternehmen können und wollen das, bekommen dafür aber nicht schnell genug eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung“, sagte er. Es gebe Tausende von Unternehmen, die aktuell solche Genehmigungen bräuchten.

Russwurm forderte außerdem ergänzende Schritte. Neben einem kurzfristigen Auktionsmodell für Unternehmen, um Gas einzusparen, brauche es auch ein Instrument für die mittelfristige Freigabe von Gaskontingenten durch Unternehmen. Die Mehrkosten müsste der Staat zumindest anteilig ersetzen. „Höchste Priorität muss es sein, jetzt weiter die Gasspeicher zu befüllen.“

Laut Russwurm sei die Entscheidung für eine Gas-Umlage schwierig, aber richtig und wichtig gewesen. Diese soll Gasversorgern zugutekommen, die zu hohen Preisen Ersatz für ausbleibende Gasmengen aus Russland kaufen müssen. Mit Blick auf eine von Habeck genannte Spannbreite von 1,5 bis 5 Cent pro Kilowattstunde für die Gas-Umlage fordert der BDI-Chef: „Wir brauchen eine verlässliche Obergrenze und eine zeitliche Streckung der Umlage, um Industrieunternehmen und private Haushalte nicht zu überfordern.“ Die Gas-Umlage soll spätestens ab Oktober und vorerst bis 2024 gelten. ANDREAS HOENIG

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