Der Mann, der Trump verhindern will

von Redaktion

VON FRIEDEMANN DIEDERICHS

Washington – Ron DeSantis hat ein gutes Gespür dafür, wie man sich im Gespräch hält. Am Mittwoch kündigte sein Pressesprecher an, es werde bald eine Nachricht geben, die die liberale Medienszene in einen Tränenzustand versetzen werde. 24 Stunden später ließ der 47-jährige Republikaner dann die Katze aus dem Sack. Er warf den Staatsanwalt des Bundesstaats, den Demokraten Andrew Warren, aus dem Amt – und berief eine Republikanerin als Nachfolgerin. Der Vorwurf: Warren habe sich weder hinter die schärferen Abtreibungsgesetze in Florida gestellt noch ein Verbot mit Strafen durchgesetzt, das Geschlechtsumwandlungen bei Minderjährigen verhindern soll.

Wenig später erklärte DeSantis, Transgender-Operationen seien nicht anderes als ein „Verstümmeln von Kindern“. Denn man schneide diesen dabei die Geschlechtsteile ab, und das sei falsch. Es sind Sätze wie diese, die bei der konservativen Basis in den USA weit über Florida hinaus ankommen – und DeSantis zum wohl aussichtsreichsten Präsidentschafts-Kandidaten der Republikaner für 2024 machen. Da allgemein damit gerechnet wird, dass auch Donald Trump erneut den Hut in den Ring werfen wird, würde dem an den Elite-Universitäten Yale und Harvard ausgebildete Jurist DeSantis damit die Rolle eines „Trump-Verhinderers“ zufallen. Und die Chancen stünden für den Vater dreier Kinder, in Florida geboren und aufgewachsen, nicht schlecht. Schon heute finden ihn Umfragen zufolge mehr US-Bürger für das Weiße Haus geeignet als Trump, der zweimal mit einem – dann gescheiterten – Amtsenthebungsverfahren überzogen wurde und der sich möglicherweise auch strafrechtlich für seine Rolle beim Kapitolssturm am 6. Januar 2021 verantworten muss.

DeSantis, der einst als Strafverfolger für die USA im berüchtigten Internierungslager Guantanamo Bay eingesetzt war, kennt natürlich die Ergebnisse der Demoskopen. Er füttert deshalb seine Anhänger und die Medien mit gut verdaulichen, intellektuell nicht zu anspruchsvollen Parolen. Wer in seiner Nähe eine Corona-Maske trägt – wie kürzlich Studenten bei einem Auftritt – wird ermahnt: „Bitte nehmt die Masken ab. Sie wirken nicht, und sie sind lächerlich. Wir müssen mit diesem Theater aufhören.“ Das wird von den zahlreichen Virus-Skeptikern im konservativen Lager dankbar aufgenommen. Und ebenso gerne wird dabei verdrängt, dass bisher mehr als 70 000 Menschen im von DeSantis geführten Florida an dem Erreger starben. Der „Sunshine-State“ gilt als Rentnerparadies.

Der Gouverneur ist einer der Wortführer, wenn es um Kritik an „Woke“-Ideologen geht. Er beschuldigt den Milliardär George Soros, mit seiner finanziellen Förderung von linken Staatsanwälten die Kriminalitätswelle in den USA-Metropolen zu fördern, weil diese Strafverfolger kaum noch Untersuchungshaft-Anträge selbst für unverbesserliche Wiederholungstäter stellen. Ein Umstand, den mittlerweile auch führende Demokraten wie der New Yorker Bürgermeister Eric Adams scharf kritisieren. Als „woke“ sieht er auch die großen Banken der Wall Street und High-Tech-Konzerne wie Facebook, Google, Paypal oder Twitter an, die zu Quasi-Regierungen geworden seien. Deren Manager würden sich klimafreundlich geben und von „null Emissionen“ reden – doch nur die wenigsten seien bereit, ihren Privatjet aufzugeben.

Wie für die meisten US-Politiker, so ist auch für DeSantis Europa nur ein Randaspekt der politischen Debatte. Ob es mit ihm wieder einen Rückfall in die transatlantischen Spannungen der Trump-Ära geben würde? Wer weiß. Der Jurist scheint jedenfalls noch Lernbedarf zu haben, auch was die EU und Nato angeht. Kürzlich lobte er den Widerstand der Ukraine gegen die russischen Invasoren und fügte an: Viele andere Länder hätten vermutlich schnell und widerstandslos aufgegeben, falls die Russen gekommen seien – darunter auch Frankreich. „Hätten sie in irgendeiner Form gekämpft? Vermutlich nicht“, so DeSantis. Er übersah dabei, dass zwischen Frankreich und Moskau noch andere Länder liegen, die Putins Truppen hätten durchqueren müssen – und auch, dass es einen Nato-Beistandspakt gibt, der Washington zu aktiven militärischen Hilfen gezwungen hätte. Zudem ist Frankreich nach dem „Brexit“ nun die einzige Atommacht in der EU.

Doch solche Details interessieren den Republikaner ebenso wenig, wie sich einst Donald Trump für diese interessiert hat. Für ihn zählte nur der Applaus der Fans.

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