Der tiefe Fall eines Bischofs

von Redaktion

Emil Stehle hat junge Frauen missbraucht und Sextäter versteckt

München – 1994 war Emil Stehle im Gespräch, den Friedensnobelpreis zu bekommen. Der frühere Geschäftsführer des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat war damals Bischof in Ecuador und hatte im blutigen Bürgerkrieg in El Salvador vermittelt. Stehle war hoch anerkannt, ein großer Name in der katholischen Kirche.

Fünf Jahre nach seinem Tod kommt ans Licht, wie tief Stehle in den Missbrauchsskandal verstrickt war. Er hat nicht nur Priester, die in Deutschland wegen sexualisierter Gewalt strafrechtlich verfolgt waren, in Lateinamerika versteckt – er wird auch selbst des sexuellen Missbrauchs junger Frauen beschuldigt, wie jetzt eine Untersuchung zeigt. Bereits im September 2021, mit der Veröffentlichung der Missbrauchsstudie in Hildesheim, war Stehle als Vertuscher und Helfershelfer demaskiert worden. Die Deutsche Bischofskonferenz und Adveniat gaben daraufhin die Untersuchung in Auftrag. Acht betroffene Frauen haben sich seitdem gemeldet. „Gegen Stehle werden im Bericht insgesamt 16 Meldungen und Hinweise zu sexuellem Missbrauch aufgelistet“, heißt es. Die Taten zögen sich durch Stehles Zeit als Priester in Bogotá (Kolumbien), als Leiter der Koordinationsstelle „Fidei Donum“ und Adveniat-Geschäftsführer bis in die Jahre als Weihbischof von Quíto und Bischof von Santo Domingo in Ecuador. Es sei möglich, dass es noch weitere sexuelle Übergriffe gab, stellt die Rechtsanwältin Bettina Janssen fest, die die Untersuchung geleitet hat. Auch könnte er noch mehr Priestern zum Untertauchen verholfen haben. Belegbar sind drei Priester, denen Stehle in den 70er-Jahren half, sich Strafverfahren in Deutschland zu entziehen. Seit 2005 wussten auch Kardinal Karl Lehmann und der Freiburger Bischof Zollitsch von Stehles Übergriffen. Hauptgeschäftsführer von Adveniat, Pater Martin Maier, ist erschüttert von dem Leid, das den Opfern angetan wurde. „Stehle ist als Leiter der Koordinationsstelle zum Täter und zum Komplizen gesuchter Täter geworden.“ CLAUDIA MÖLLERS

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