Die Folgen der Razzia bei Trump in Florida

von Redaktion

VON FRIEDEMANN DIEDERICHS

Washington – Als rund 30 FBI-Beamte am frühen Montagmorgen am Wohnsitz von Donald Trump in Florida Zutritt verlangten, befand sich Trump in New York in seinem Penthouse. Noch während die Bundespolizei mit einem Durchsuchungsbeschluss das Mar-a-Lago-Anwesen auf den Kopf stellte und 15 Kartons mit Papieren herausschleppte, klagte der Ex-Präsident: Die Aktion sei „unangekündigt“, „unangemessen“ und „unnötig“, und seine Villa sei „unter Belagerung“. Auch fiel ein Vergleich mit dem „Watergate“-Einbruch. Selbst seinen Safe habe man aufgebrochen, so Trump. Im Weißen Haus wiederum gab man sich unwissend. Präsident Biden sei über die Razzia der Privaträume seines Vorgängers – ein Novum in der US-Präsidentengeschichte – nicht informiert gewesen.

Stunden später wurde klar, warum das FBI eine solch spektakuläre Aktion initiiert hatte. Das Nationalarchiv in Washington, in dem alle Dokumente aus der Amtszeit eines Präsidenten aufbewahrt werden, hatte sich beklagt, weil Trump beim Auszug aus dem Regierungssitz vertrauliche Schriftstücke mitgenommen und diese bisher nicht dem Archiv überlassen habe. Es hatte zuvor offenbar offizielle Anfragen des Nationalarchivs an Trump gegeben, doch dieser hatte dann angeblich nicht ausreichend kooperiert. Pikant und möglicherweise juristisch relevant ist, dass Trump während seiner Amtszeit ohnehin die volle Autorität hatte, über die Versiegelung von Dokumenten als „vertraulich“ oder „geheim“ zu entscheiden. Der aufgebrochene Safe sei leer gewesen, heißt es. Die „New York Times“-Reporterin Maggie Habermann hatte vor zwei Tagen berichtet, Trump habe einst handschriftliche Notizen zerrissen und versucht, sie die Toilette herunterzuspülen.

Berichten zufolge mussten sowohl FBI-Chef Christopher Wray als auch Bidens Justizminister Garland die Durchsuchung gegen den Ex-Regierungschef abzeichnen. Führende Republikaner kritisierten, dass die Aktion 90 Tage vor den Kongress-Zwischenwahlen stattfand, bei der die Demokraten mit erheblichen Einbußen rechnen müssen. Das FBI habe sich – nach der gescheiterten Russland-Untersuchung gegen Trump, bei der ein auf falschen Behauptungen basierendes Dossier der Demokraten eine maßgebliche Rolle spielte – erneut politisieren lassen. Republikaner im Kongress kündigten eine formelle Untersuchung gegen Wray und Garland an, der einst von Barack Obama für den „Supreme Court“ nominiert worden war – aber von Konservativen abgeblockt wurde. Sollten die Republikaner im November die Mehrheit gewinnen, dürfte es einen Untersuchungsausschuss geben. Am Montagabend versammelten sich dutzende von Trump-Anhängern vor dem Anwesen.

Was den Umgang mit Dienst-Dokumenten und E-Mails angeht, gibt es einen Präzedenzfall: Die frühere Außenministerin Hillary Clinton ließ einst über 30 000 E-Mails – viele „top secret“ – während ihrer Amtszeit über einen privaten Server laufen. Die Demokratin verstieß damit – so wie jetzt wohl Trump – gegen Vorschriften ihres Amtes. Als der Kongress Einsicht in die Mails verlangte, ließ Clinton diese löschen. Zwar gab es eine Justiz-Untersuchung, aber keine FBI-Durchsuchung der Villa. Sowohl Clinton wie auch Helfer, die im Auftrag der Ministerin neben den Mails auch mehrere Dienst-Handys zerstört hatten, kamen ohne Anklage davon. Ob dies auch Trump gelingt? Eine Verurteilung würde neben maximal drei Jahren Haft bedeuten, dass er kein politisches Amt mehr bekleiden darf.

Die Biden-Regierung steht nun unter starkem Rechtfertigungsdruck für eine Aktion, die unter Konservativen einen Proteststurm ausgelöst hat. Auch Ron DeSantis, Gouverneur von Florida und wohl parteiinterner Konkurrent von Trump für 2024, bezeichnete die Durchsuchung als Beispiel für eine „Bananenrepublik“. Staatliche Behörden wie das FBI würden als „Waffe“ gegen politische Gegner des „Regimes“ benutzt, während Hunter Biden mit Samthandschuhen angefasst werde. Der mit Drogenkonsum kämpfende Präsidenten-Sohn steht seit Längerem unter Verdacht, in zwielichtige Geschäfte mit China, Russland und der Ukraine verwickelt zu sein und dabei von der Machtposition des Vaters profitiert zu haben. Doch auch in diesem Fall kam es trotz entsprechender Hinweise von einem Laptop des Biden-Sohnes zu keinen Durchsuchungen.

Gleichzeitig rechnen Insider damit, dass die Staatsanwaltschaft bald Anklage gegen Trump wegen der Kapitol-Erstürmung am 6. Januar 2021 erheben und dem Ex-Präsidenten eine Mitschuld an den gewaltsamen Ereignissen vorwerfen wird. Sollte die Anklage zugelassen werden und ein Prozess stattfinden, dürfte es für Trump richtig heikel werden. Denn das Strafverfahren wäre entweder in Washington oder New York. Falls ein Geschworenengericht entscheidet, stünde Trump vor einem Problem: Sowohl Washington wie auch New York wählt mit überwältigender Mehrheit demokratisch. Und eine Auswahl dieser Bürger würde dann die Jury stellen.

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