Nein, ein Produzent spektakulärer Schlagzeilen wird aus Olaf Scholz nicht mehr werden. Weil sein erstes „You’ll never walk alone“ nicht recht im kollektiven Gedächtnis bleiben wollte, musste er es gestern wiederholen. Der Staat lässt seine Bürger in dieser schweren Phase nicht allein. Und trotzdem: Der Scholz-Auftritt vor der Hauptstadtpresse war um einiges klarer, griffiger und pointierter, als man es dem Scholz-O-Mat a.D. zugetraut hätte. Hier sprach nicht ein SPD-Politiker, sondern der Bundeskanzler, der über den drei Regierungsparteien steht.
Das ist auch bitter nötig, denn zuletzt hat die Kakofonie in der Ampel doch ein ziemlich bedenkliches Ausmaß erreicht. Klar: Natürlich will bei drei Parteien jede ihre DNA nicht aufgeben. Und trotzdem braucht es für entschlossenes Handeln ausreichend Pragmatismus. Genau den verströmt Scholz wie kaum jemand anderes. Und kleine Erinnerung: Genau deshalb wurde er im letzten Herbst (es scheint schon viel länger her) auch gewählt.
Bemerkenswert war vor allem die klare Unterstützung für Christian Lindners Steuerpläne zur Abschaffung der kalten Progression. Das ist wichtig. Inhaltlich, weil unser Staat nun einmal von der arbeitenden Mittelschicht getragen wird. Und politisch: Im Oktober sind in Niedersachsen Landtagswahlen – und die FDP braucht ein passables Ergebnis. Sonst wird es schwer für die Ampel.
Mike.Schier@ovb.net