Saporischschja – Im Ukraine-Krieg wächst angesichts anhaltender Angriffe auf das von russischen Truppen besetzte Atomkraftwerk Saporischschja die Sorge vor einer nuklearen Katastrophe. Moskau und Kiew machten sich gestern gegenseitig für neue Angriffe in der Nähe des Akw verantwortlich. Vor einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats zur Lage warnte UN-Generalsekretär António Guterres vor einem „möglichen Desaster“.
Bei den erneuten Raketenangriffen auf das größte AKW Europas wurden dem ukrainischen Energiekonzern Energoatom zufolge mehrere Strahlungssensoren in der Nähe eines der sechs Reaktoren beschädigt. „Die Situation verschärft sich, in der Nähe befindet sich radioaktives Material“, erklärte Energoatom. Zudem sei eine Abwasserpumpstation beschädigt worden, in deren Nähe steige dichter Rauch auf.
Zuvor hatten sowohl Energoatom als auch ein Vertreter pro-russischer Kräfte fünf Angriffe in der Nähe eines Lagers für radioaktive Substanzen gemeldet. Aus der Gegend um Saporischschja im Süden der Ukraine wird seit Tagen heftiger Beschuss gemeldet. Guterres forderte, wie zuvor die Ukraine, eine entmilitarisierte Zone um das AKW.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warnte, Russland könne in Saporischschja „die größte atomare Katastrophe in der Geschichte“ verursachen. Rafael Grossi, Chef der Internationalen Atomenergiebehörde, betonte aber vor dem Sicherheitsrat, das AKW stelle „keine unmittelbare Bedrohung“ dar. Das Bundesamt für Strahlenschutz sieht selbst im Falle eines nuklearen Zwischenfalls nur ein „relativ geringes“ Risiko für Deutschland.