Bamako/Mali – Ein Jahr nach dem überstürzten Abzug aus Afghanistan steht ein weiterer Auslandseinsatz der Bundeswehr auf der Kippe: Das Bundesverteidigungsministerium setzte am Freitag den Einsatz in dem westafrikanischen Krisenland Mali wegen Unstimmigkeiten mit der dortigen Regierung bis auf Weiteres aus. Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) begründete die Entscheidung mit neuerlichen Behinderungen der deutschen Soldaten durch die malische Militärregierung.
Die Regierung in Bamako habe am Freitag abermals einem Flugzeug der Bundeswehr den Überflug über malisches Staatsgebiet verweigert, erklärte das Bundesverteidigungsministerium. Damit könne die Bundeswehr nicht wie vorgesehen ihr Personal vor Ort austauschen. 110 Soldaten säßen in Mali fest. 140 Kräfte, die als Ablösung vorgesehen seien, könnten nicht einreisen.
„Daher müssen wir Maßnahmen ergreifen und stellen die Operationen unserer Aufklärungskräfte und die Transportflüge mit CH-53 bis auf Weiteres ein“, erklärte Lambrecht. Ihr Ministerium betonte: „Ein geplanter Personalwechsel ist damit nicht möglich. Das hat Auswirkungen auf unser Engagement, denn die Sicherheit unserer Soldaten und Soldatinnen hat höchste Priorität.“ Das seien „frustrierende Nachrichten“, sagte ein Lambrecht-Sprecher.
Im Grundsatz sei die Bundesregierung zwar bereit, sich weiter an dem UN-Blauhelmeinsatz Minusma zu beteiligen, erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. „Solch ein Einsatz macht aber nur Sinn, wenn er von der dortigen Regierung unterstützt wird.“
Lambrecht zeigte sich persönlich irritiert vom Verhalten des malischen Verteidigungsministers Sadio Camara. Erst am Donnerstag habe Camara der Ministerin zugesagt, dass es keine weiteren Auflagen für den Einsatz geben solle; am Freitag seien dann erneut Überflugrechte verweigert worden, sagte ein Sprecher. „Die Taten Camaras sprechen eine andere Sprache als seine Worte“, twitterte Lambrecht.
Die UN-Friedensmission Minusma ist seit 2013 in Mali, ihr Mandat verlängerte der UN-Sicherheitsrat erst Ende Juni um ein weiteres Jahr. Für die Bundeswehr ist es der derzeit größte Auslandseinsatz – und gilt auch als ihr gefährlichster. In den vergangenen Monaten hatte die Militärjunta in Mali die Bedingungen für einen Militäreinsatz zunehmend verschlechtert.
Die Spannungen verschärften sich auch durch die Zusammenarbeit der Militärjunta mit der russischen Söldner-Truppe Wagner, die dem Kreml nahestehen soll und im Verdacht steht, massive Menschenrechtsverletzungen zu begehen. Frankreich hat einen großen Teil seiner Soldaten bereits abgezogen.
Die Aussetzung der deutschen Mali-Mission stellt die gesamte Zukunft der UN-Mission Minusma infrage – nach dem angekündigten Abzug Frankreichs ist Deutschland die wichtigste Einsatznation.
„Die Aussetzung beeinträchtigt die weitere Minusma-Mission, sie legt den Einsatz praktisch lahm“, sagte der Leiter des Büros der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung in Malis Hauptstadt Bamako, Ulf Laessing, am Freitag der Agentur AFP. „Der Einsatz sollte nicht so ohne Weiteres beendet werden, denn das wäre ein geopolitischer Sieg Russlands. Russland könnte dann in Mali noch sehr viel aktiver auftreten“, warnte der Sahel-Experte. Dass die Bundesregierung vom Verhalten der malischen Junta irritiert sei, halte er aber für gerechtfertigt.
Der Bundestag hatte den Bundeswehr-Einsatz in dem von gewalttätigem Extremismus betroffenen Sahel-Staat im Mai verlängert, allerdings mit einem Vorbehalt: Das neue Mandat enthält eine Rückzugsklausel für den Fall, dass die Sicherheit der Soldaten in Mali nicht mehr gewährleistet ist.