Berlin – Verbraucher, Industrie und der öffentliche Dienst – sie alle sollen nach dem Willen von Wirtschaftsminister Robert Habeck noch einmal nachlegen beim Energiesparen. Zwei neue Verordnungen dafür hat der Grüne am Freitag an seine Kabinettskollegen verschickt.
Mit den neuen Maßnahmen will Habeck das freiwillige EU-Energiesparziel von 15 Prozent weniger Gas von Anfang August bis Ende März, verglichen mit dem Durchschnittsverbrauch der vergangenen fünf Jahre, noch übertreffen. „Nach dem derzeitigen Stand muss Deutschland etwa 20 Prozent Gaseinsparung erreichen, um eine Gasmangellage abzuwenden“, heißt es in einem Papier. Fünf bis acht Prozent seien schon geschafft.
Ohne zusätzliche freiwillige Anstrengungen wird es aber nicht gehen. Man rechnet vor: Eine Absenkung der Raumtemperatur in Wohngebäuden und Arbeitsstätten um durchschnittlich zwei Grad könne den deutschen Gasverbrauch um etwa drei Prozent mindern.
Eine Reihe von Maßnahmen soll daher zum 1. September in Kraft treten und den Energieverbrauch kurzfristig bis Februar drücken. Die entsprechende Verordnung muss vom Kabinett beschlossen werden, Bundestag und Bundesrat müssen nicht zustimmen.
Für öffentliche Gebäude ist hier Folgendes geplant:
Durchgangsbereiche wie Flure, Foyers oder Technikräume sollen nicht geheizt werden – außer, es gibt dafür sicherheitstechnische Gründe.
Öffentliche Gebäude sollen nur noch bis höchstens 19 Grad geheizt werden. Bisher lag die empfohlene Mindesttemperatur bei 20 Grad. Für Kliniken, Pflegeeinrichtungen oder andere soziale Einrichtungen soll die neue Regelung nicht gelten. Boiler und Durchlauferhitzer sollen nicht mehr für die Warmwasserbereitung am Waschbecken genutzt werden – es sei denn aus hygienischen Gründen. Die Beleuchtung von Gebäuden und Denkmälern aus rein ästhetischen oder repräsentativen Gründen soll ausgeschaltet werden.
Für den privaten Bereich beziehungsweise Gewerbe ist hier geplant:
Klauseln in Mietverträgen, die eine bestimmte Mindesttemperatur vorsehen, sollen vorläufig ausgesetzt werden.
Private Pools, ob drinnen oder draußen, sollen nicht mehr mit Gas und Strom geheizt werden dürfen.
Gasversorger und Besitzer größerer Wohngebäude sollen ihre Kunden und Mieter frühzeitig informieren müssen – über den voraussichtlichen Energieverbrauch, dessen Kosten und mögliche Einsparmöglichkeiten. Das soll spätestens zum Beginn der Heizsaison passieren.
Beleuchtete Werbeanlagen sollen von 22 Uhr bis 6 Uhr ausgeschaltet werden.
Das zweite Maßnahmenbündel zielt auf Einsparungen für die kommenden beiden Jahre ab und soll am 1. Oktober in Kraft treten . Es betrifft öffentliche, private und Firmengebäude.
Jährliche Heizungsprüfungen sollen für Gebäude mit Gasheizungen zur Pflicht werden. Auch der so genannte hydraulische Abgleich kann Heizungen effizienter machen, indem das Wasser optimal verteilt wird. Er soll verpflichtend werden für große Gebäude mit zentraler Wärmeversorgung durch Erdgas, falls er bislang nicht gemacht wurde. Ineffiziente, ungesteuerte Heizungspumpen in Gebäuden mit Erdgasheizung sollen ausgetauscht werden müssen.
Unternehmen mit einem Energieverbrauch ab 10 Gigawattstunden (GWh) pro Jahr werden zu Energieeffizienzmaßnahmen verpflichtet –falls sie bereits ein Energieaudit gemacht haben.
MARTINA HERZOG