München/Berlin – In Straubing läuft das Gäubodenfest, in zwei Wochen startet das Rosenheimer Herbstfest und München rüstet sich fürs Oktoberfest – harmonisch gefeiert wird allerorten, doch wenn es darum geht, wie es die Menschen halten sollen mit dem Schutz vor Corona, da herrscht in Deutschland ein völliges Durcheinander.
Seit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) ihren Gesetzentwurf vorgelegt haben, nach dem die Länder ab 1. Oktober unabhängig von der Inzidenz eine Maskenpflicht in Innenräumen einführen können oder auch nicht, gibt es heftige Debatten. Die deutschen Amtsärzte raufen sich die Haare und fordern bundesweit einheitliche Corona-Regeln für Herbst und Winter. Die Bundesregierung müsse klare Vorgaben machen und einheitliche Grenzwerte festlegen, ärgert sich der Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, Johannes Nießen. „Harte, klare Stufen“ und „länderübergreifende Maßstäbe, wann welche Regel gilt“, fordern die Ärzte.
Lauterbach war am Freitag davon ausgegangen, dass alle Länder ab 1. Oktober Maßnahmen ergreifen – und er erwarte eine flächendeckende Maskenpflicht. Doch da hat er seine Rechnung ohne Friedrich Merz gemacht. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur sprach sich der CDU-Vorsitzende gestern strikt gegen eine flächendeckende Maskenpflicht im Herbst aus. „Eine allgemeine Maskenpflicht im öffentlichen Raum? Nein. Mit welcher Begründung denn?“, fragte er. Er sei gegen eine solche Pflicht „einfach so auf Verdacht, denn Grundrechtseingriffe müssen sorgfältig begründet werden“. Nur für gefährdete Räume wie Krankenhäuser, Altenheime oder Pflegeeinrichtungen hält er sie für sinnvoll – um Patienten, Bewohner und Mitarbeiter zu schützen. Merz warnt auch vor unterschiedlichen Corona-Regelungen in den einzelnen Bundesländern. Die Bevölkerung wolle eine möglichst einheitliche, verständliche Regelung in allen Teilen der Bundesrepublik. Wer in Hamburg in einen ICE nach München einsteige und durch mehrere Bundesländer fahre, der müsse erwarten können, eine einheitliche Regelung auch in Anschlusszügen vorzufinden.
Ins selbe Horn stoßen die Amtsärzte. Sie schlagen ein „Ampelsystem“ vor: Bis zu einer Inzidenz unter 500 und weniger als 1000 Covid-Patienten auf den Intensivstationen sei alles im grünen Bereich. Liegen die Werte darüber, solle bei Veranstaltungen in Innenräumen Masken vorgeschrieben werden. Bei einer Inzidenz über 1000 und mehr als 5000 Covid-Patienten auf Intensivstationen soll die Ampel auf Rot springen – dann soll es keine Ausnahmen von der Maskenpflicht mehr geben. Auch über weitergehende Maßnahmen müsse dann entschieden werden. Lauterbach hat Forderungen nach einheitlichen Vorgaben zurückgewiesen. Die Länder müssten selbst die gesamte Gefahrenlage bewerten. In dieser Woche sollen dazu Gespräche mit den Ländern geführt werden. Von Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) kommt schon Gegenwind: Der Gesetzentwurf ist „sehr schwammig formuliert“. Er fordert mehr Klarheit. Die Beratungen dürften lebhaft werden. (mit dpa/epd)