Simferopol – Zum zweiten Mal innerhalb von rund einer Woche hat es auf der von Russland annektierten ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim schwere Explosionen gegeben. In sozialen Netzwerken teilten Menschen Aufnahmen, die ein großes Feuer zeigen und auf denen Detonationsgeräusche zu hören sind. „Heute gehe ich wahrscheinlich nicht zur Arbeit“, sagt eine Frau und filmt dabei dichte Rauchwolken, die in einiger Entfernung von ihrem Haus in den Himmel aufsteigen.
Getroffen wurde laut der Krim-Verwaltung ein Munitionslager im Norden. Es handelt sich um den militärischen Zwischenfall mit den bislang weitreichendsten Folgen in diesem Sommer auf der bei russischen Urlaubern beliebten Ferieninsel, die Moskau sich bereits 2014 einverleibt hatte.
Russlands Verteidigungsministerium sprach von einem „Sabotageakt“, infolge dessen im Gebiet Dschankoj eine Reihe von zivilen Objekten beschädigt worden sei – darunter Stromleitungen, ein Kraftwerk, Bahngleise sowie einige Wohngebäude. Schwerverletzte gab es demnach keine. Krim-Verwaltungschef Sergej Aksjonow sprach zuvor allerdings von zwei Verletzten. Mehr als 3000 Menschen mussten seinen Angaben zufolge in Sicherheit gebracht werden. In dem betroffenen Gebiet wurde der Notstand ausgerufen.
Auch der Zugverkehr in der Region wurde nach Angaben von Aksjonow unterbrochen. Menschen würden mit Bussen zu ihren Zielen gebracht, sagte er. Über Dschankoj gehen die Bahnverbindungen von Moskau über die neue Krimbrücke in die Hauptstadt Simferopol auf der Halbinsel. Die Züge von Moskau sollten nur noch bis Wladislawowka fahren. Weil der Flugverkehr eingestellt ist, nutzen viele Touristen in der Sommerzeit die Bahn, um in die Kurorte am Schwarzen Meer zu gelangen.
Wer für die Explosionen verantwortlich ist, war zunächst unklar. In Kiew jedenfalls wurde die Nachricht über das brennende russische Militärlager mit Genugtuung aufgenommen. Die Soldaten der ukrainischen Armee seien die besten Lieferanten für „gute Stimmung“, schrieb der Chef des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Jermak, auf Telegram. „Die Krim gehört zur Ukraine.“ Präsidentenberater Mychajlo Podoljak schrieb auf Twitter: „Zur Erinnerung: Die Krim eines normalen Landes heißt Schwarzes Meer, Berge, Erholung und Tourismus; die von Russen besetzte Krim bedeutet Explosionen von Depots und ein hohes Todesrisiko für die Invasoren und Diebe.“
Erst am Dienstag vergangener Woche gab es schwere Explosionen auf einem anderen russischen Militärstützpunkt auf der Krim. Bei den Explosionen auf der Basis in Saki nahe dem Kurort Nowofjodorowka wurden nach Behördenangaben ein Mensch getötet und 14 weitere verletzt. Russische Urlauber verließen fluchtartig die Strände. „Das ist nur der Anfang“, schrieb Podoljak damals.
Der Vorfall hatte Spekulationen über eine möglicherweise neue ukrainische Waffe entfacht. Die Rüstungsindustrie mache Fortschritte, hieß es aus Kiew. Das Augenmerk von Militärexperten richtet sich vor allem auf neue ballistische Kurzstreckenraketen des Typs Hrim-2. Sie wurden in der Ukraine entwickelt und haben angeblich eine Reichweite von bis zu 500 Kilometern. ULF MAUDER