Trumps Abrechnung: Rebellin Cheney verliert bei Vorwahl

von Redaktion

Dick Cheneys Tochter gilt wegen ihrer Kritik am Ex-Präsidenten als Persona non grata – Jetzt hat sie neue Pläne

Washington – Es ist Donald Trumps Rache: Die Republikanerin Liz Cheney hat verloren. Im US-Bundesstaat Wyoming entschieden die Wähler am Dienstag, wer für die republikanische Partei ins Rennen für den Sitz im Repräsentantenhaus geht. Harriet Hageman – Cheneys von Trump unterstützte Gegenkandidatin – hat gewonnen. Cheney wird ihren Sitz im Kongress bei den Zwischenwahlen im Herbst verlieren. Damit hat sie den Preis bezahlt für ihre Kritik an Ex-Präsident Trump. Ihre Niederlage ist keine Überraschung – und sagt doch viel über die Republikaner und ihre Haltung zum Sturm auf das Kapitol aus.

Die 56-jährige Cheney ist in den vergangenen Monaten das Gesicht der Aufklärung rund um die Ereignisse nach der Präsidentenwahl 2020 geworden. Sie ist Vize-Vorsitzende des Untersuchungsausschusses im Repräsentantenhaus, der die Hintergründe des 6. Januar 2021 aufklären soll. Immer wieder hat die Tochter von Ex-Vizepräsident Dick Cheney davor gewarnt, dass die Demokratie in den USA in Gefahr sei. Immer wieder hat sie sich mit ernster Miene an die Menschen im Land gewandt und die Machenschaften Trumps und seiner Vertrauten angeprangert. All das hat ihr in ihrem Wahlkreis Wyoming, in dem Trump 2020 auf 70 Prozent der Stimmen kam, nichts genützt. Im Gegenteil.

In dem ländlichen Staat im Westen des Landes mit seinen nicht einmal 600 000 Einwohnern konnte sie die Menschen nicht überzeugen. Seit 2017 vertritt sie Wyoming im Repräsentantenhaus. Nach dem Sturm aufs Kapitol gehörte Cheney zu jener Handvoll von Republikanern, die im Repräsentantenhaus mit den Demokraten für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump stimmten. Auf Trumps Betreiben wurde sie von ihrem Führungsposten als Nummer Drei in der Fraktion abgewählt. Für ihre Arbeit im Untersuchungsausschuss zum Kapitol-Angriff wurde sie von der Partei formell gerügt.

Cheney wirkte in den vergangenen Monaten gelegentlich wie die letzte Vernünftige in einer Partei, die in weiten Teilen Trumps Lügen folgt. Dabei ist die Rechtsanwältin eine Hardlinerin. Eine eingefleischte Konservative, die hinter Trump und seiner Politik stand, als dieser noch im Weißen Haus saß. Cheney hatte sich einst gegen die gleichgeschlechtliche Ehe positioniert und sogar öffentlich mit ihrer Schwester gestritten, die mit einer Frau verheiratet ist. Mittlerweile sagt sie, dass sie ihre Äußerungen von damals bereue.

Mit dem Sturm aufs Kapitol stellte sich Cheney gegen Trump. Seitdem weht ihr aus der Partei ein eiskalter Wind entgegen. Sie nehme schon lange nicht mehr an den Sitzungen der Republikaner im Repräsentantenhaus teil, schrieb die „New York Times“ jüngst. In Wyoming hatte Trump schließlich Harriet Hageman auserkoren, Cheney ihren Sitz im Repräsentantenhaus abspenstig zu machen. Hageman sät immer wieder Zweifel am Ergebnis der Präsidentenwahl 2020 und hilft so, Trumps Lüge vom Wahlbetrug am Leben zu halten. Cheney ließ sich kaum noch in Wyoming blicken – der „New York Times“ zufolge auch wegen Drohungen gegen sie. Hageman dagegen tourte durch den Bundesstaat. Im Wahlkampf versuchte Cheney, Demokraten dazu zu bewegen, sich bei den Vorwahlen der Republikaner zu registrieren. So wollte sie zusätzliche Stimmen sammeln – gereicht hat das nicht.

Für Trump ist das auch ein symbolischer Sieg über seine Widersacherin, doch zu früh freuen sollte er sich nicht. Denn Cheney könnte auf anderer Ebene angreifen. Dem US-Sender NBC-News sagte sie am Mittwochabend, sie erwäge eine Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2024. „Das ist etwas, worüber ich nachdenke“, sagte sie. Vielleicht stehen Cheney und Trump sich dann zum Rückspiel gegenüber. JULIA NAUE

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