Angriff auf Bahnhof: EU verurteilt „russischen Raketenterror“

von Redaktion

Ukraine will Putin vor Gericht bringen – Besetztes Atomkraftwerk Saporischschja vom Stromnetz getrennt

Kiew/Moskau – Die Ukraine hat am Mittwoch den 31. Jahrestag ihrer Unabhängigkeit von der Sowjetunion begangen – genau ein halbes Jahr nach dem russischen Überfall vom 24. Februar. Vorab hatte Kiew vor zusätzlichen russischen Angriffen am Jahrestag gewarnt. Tatsächlich wurde dann unter anderem abends der Raketeneinschlag auf die Bahnanlagen im Ort Tschaplyne des zentralukrainischen Gebietes Dnipropetrowsk gemeldet.

„Tschaplyne ist heute unser Schmerz“, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner üblichen Videoansprache. Bis Donnerstag stieg die Zahl der Todesopfer nach ukrainischen Angaben auf mindestens 25, darunter zwei Kinder. Zudem seien 31 Menschen verletzt worden, erklärte der Vizechef des Präsidentenbüros, Kyrylo Tymoschenko, auf Telegram. Die Informationen ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Das russische Verteidigungsministerium lieferte eine andere Version: Getötet worden seien bei dem Schlag mit einer Iskander-Rakete mehr als 200 ukrainische Soldaten, die für Kämpfe im Donbass bestimmt gewesen seien, sagte Sprecher Igor Konaschenkow. Die Rakete sei in den militärischen Teil der Bahnstation eingeschlagen. Dabei sei auch Militärtechnik zerstört worden. Belege gab es auch dafür nicht. Kiew hatte von Beschuss von bewohntem Gebiet gesprochen. Die EU verurteilte die Attacke am Donnerstag als „russischen Raketenterror“.

Die Ukraine und internationale Experten werfen Russland immer wieder Angriffe auf Zivilisten und Kriegsverbrechen vor. Auch international geächtete Streumunition hat Russland seit Beginn des Krieges in hunderten Fällen eingesetzt, wie die internationale Streumunition-Koalition in Genf berichtete. Bis Ende Juni seien mindestens 215 Menschen getötet und weitere 474 durch Streumunition verletzt worden, hieß es. Auch auf ukrainischer Seite wurde der Einsatz dieser Munition in drei Fällen registriert. Es handelt sich um Behälter, die aus Flugzeugen oder Raketenwerfern abgeschossen werden und viele kleine Sprengsätze großflächig verteilen.

Das von Russland besetzte ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja ist derweil Angaben aus Kiew zufolge erstmalig in der Geschichte komplett vom ukrainischen Stromnetz getrennt worden. Die Stromversorgung des AKWs werde derzeit aber weiter über eine Leitung zum benachbarten Wärmekraftwerk sichergestellt, teilte der staatliche Atomkraftwerksbetreiber mit.

Die russischen Besatzer teilten mit, dass beide zuletzt noch betriebenen Blöcke des in den vergangenen Wochen immer wieder beschossenen Kraftwerks zwischenzeitlich abgeschaltet worden seien. Ein Block sei bereits wieder hochgefahren worden. Kiew und Moskau machten sich zuletzt immer wieder gegenseitig für den Beschuss von Europas größtem Atomkraftwerk verantwortlich.

Derweil arbeitet Kiew daran, Russlands Machthaber Wladimir Putin und seine Befehlshaber vor Gericht zu bringen. Angestrebt wird ein internationaler Strafgerichtshof. Ein solches Tribunal sei „der einzige Weg, um sicherzugehen, dass die Kriminellen, die den Ukraine-Krieg begonnen haben, schnell zur Rechenschaft gezogen werden“, sagte der stellvertretende Leiter des ukrainischen Präsidialamtes, Andrij Smirnow. dpa/afp

Artikel 11 von 11