München – Wer vorzeitig in Rente geht, darf eigentlich nur bis zu einer Obergrenze von 6300 Euro im Jahr dazuverdienen – gerade in Zeiten galoppierender Inflation wird es da für so manchen Frührentner finanziell eng. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will laut einem Medienbericht nun diese Hinzuverdienstgrenzen ganz streichen.
Bisher können Rentnerinnen und Rentner erst nach dem Erreichen der regulären Altersgrenze unbeschränkt nebenher arbeiten. Wer neben einer vorgezogenen Rente Arbeitslohn erzielt, muss eine Minderung oder gar den Wegfall des Rentenanspruchs fürchten. Dies betrifft zum Beispiel auch Bezieher der Rente ab 63 für langjährig Versicherte.
„Die Hinzuverdienstgrenze bei vorgezogenen Altersrenten entfällt ersatzlos“, zitiert die FAZ nun aber aus der Vorlage des Arbeitsministeriums. Es werde in diesen Fällen „keine Beschränkung des Hinzuverdiensts mehr geben“. Außerdem ist demnach vorgesehen, die Grenzen für Hinzuverdienste der Bezieher von Erwerbsminderungsrenten zu erhöhen, und zwar auf gut 17 000 Euro im Jahr. Dem Bericht zufolge will das Arbeitsministerium dieses Vorhaben in Kürze zusammen mit anderen sozialrechtlichen Änderungen im Bundeskabinett einbringen.
Für die Jahre 2020 bis 2022 war die Hinzuverdienstgrenze im Rahmen einer befristeten Corona-Sonderregelung auf gut 46 000 Euro im Jahr erhöht worden. Ohne die nun geplante Gesetzesänderung wäre sie zum 1. Januar 2023 automatisch wieder auf 6300 Euro geschrumpft. Im Koalitionsvertrag hatten die Ampel-Parteien dazu lediglich vereinbart: „Die Flexi-Rente wollen wir durch bessere Beratung in ihrer Bekanntheit verbreitern und die Regelung zum Hinzuverdienst bei vorzeitigem Rentenbezug entfristen.“
FDP-Parlamentsgeschäftsführer Johannes Vogel begrüßte das Vorhaben als wichtigen Durchbruch hin zu einer einfachen, unbürokratischen Lösung. „Wir können es uns nicht leisten, auf diese Menschen und ihr großes Erfahrungswissen zu verzichten“, sagte er der FAZ. Wer nach dem Renteneintritt doch wieder mehr arbeiten wolle als zuvor gedacht, könne dies nun unbesorgt tun. Vogel sieht in dem Vorhaben außerdem einen Schritt weg von einer starren Altersgrenze, die nicht mehr zur Lebenswirklichkeit von Millionen Menschen passe.
Schon vor der Gas-Krise und der hohen Inflation war zuletzt ein Trend sichtbar, dass immer mehr Senioren noch arbeiten: Der Anteil der Erwerbstätigen im Rentenalter hat sich in den letzten zehn Jahren nahezu verdoppelt. 2010 arbeiteten die 65- bis 69-Jährigen noch zu neun Prozent. Im Jahr 2020 lag der Anteil bereits bei 17 Prozent.
Die Hälfte der erwerbstätigen Rentner hat einen Mini-Job. Weitere 25 Prozent haben zudem eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, ein weiteres Viertel ist selbstständig tätig, so Zahlen des Bundesarbeitsministeriums. KLAUS RIMPEL