Rufe nach 365-Euro-Ticket für Bayern

von Redaktion

Das 9-Euro-Angebot läuft aus: Nun fordern auch Gewerkschaften und Grüne die Fortsetzung

München – Am Ende gibt es sogar Demonstrationen für das Ticket. Am Wochenende sind in mehreren Städten Menschen für das 9-Euro-Ticket auf die Straße gegangen. Zugegeben: Von ein paar „Dutzend“ Teilnehmern berichtet die Nachrichtenagentur dpa, das klingt eher nach einem Kuriosum. Aussagekräftiger sind da eher die am Wochenende vielerorts noch mal prall gefüllten Züge: In allen Teilen der Republik, vor allem in den Metropolen, gibt es den Ruf nach weiteren günstigen Tickets für Bus und Bahn.

Zunächst läuft das 9-Euro-Ticket von Mittwoch auf Donnerstag ersatzlos aus (übrigens zeitgleich mit dem Tankrabatt). Dann greifen wieder ohne Ausnahme die regulären Fahrkarten. Für die grob geschätzt 50 Millionen Nutzer der 9-Euro-Version heißt das: Alltag. In der Politik laufen zwar Gespräche über eine Fortsetzung, die SPD etwa will ein bundesweit gültiges 49-Euro-Ticket für den Nahverkehr, ein direkter Anschluss ist aber nicht mehr realistisch. Die Verkehrsminister der 16 Länder, ein wichtiger Machtfaktor in der Debatte, verständigten sich am Freitag nicht auf ein gemeinsames Modell. Sie forderten vom Bund lediglich mehr Geld für das Regionalverkehrssystem, das sei wichtiger als günstige Tickets. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) wiederum klagt, die Ministerkonferenz sei „kein Erfolg“ gewesen. „Die Bürger erwarten, dass Politik Lösungen präsentiert und nicht Verantwortungen verschiebt.“

Am Wochenende meldeten sich mehrere Befürworter der Billig-Tickets zu Wort. Das Umweltbundesamt sieht das als „Türöffner“ für Bus und Bahn, wirft 49 oder 69 Euro in die Debatte. Hessens Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) schlägt eine Anschlusslösung vor: „Ein 31-Euro-Ticket für Bedürftige und ein 69-Euro-Ticket für alle anderen.“ In Bayern, wo Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) die Billiglösungen klar ablehnt, kommt ebenfalls Druck von links. Markus Büchler, Sprecher für Mobilität der Landtags-Grünen, sagte, die Staatsregierung müsse mehr tun. „Die Söder-Regierung hat bereits in ihrem Koalitionsvertrag ein 365-Euro-Ticket für alle in Bayerns Ballungszentren versprochen – und ihr Versprechen ohne mit der Wimper zu zucken gebrochen.“ Das 9-Euro-Ticket habe gezeigt, wie erfolgreich solche Angebote seien. „Bayern muss jetzt wenigstens ein Nachfolgemodell mitfinanzieren“, forderte Büchler. Die Kosten dafür sind unklar. Würde Bayern das 9-Euro-Ticket landesweit allein finanzieren, kämen laut einer groben Schätzung von Bernreiter 1,6 Milliarden Euro pro Jahr zusammen.

Die Landesverbände von Deutschem Gewerkschaftsbund (DGB) und Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) machen sich nun auch für ein bundesweites 365-Euro-Ticket stark. Die dreimonatige 9-Euro-Phase müsse evaluiert werden, sagte DGB-Bayern-Vorsitzender Bernhard Stiedl. „Aber schon jetzt ist klar: Attraktive, unkomplizierte und kostengünstige ÖPNV-Angebote stoßen bei den Menschen auf Zustimmung und sind ein wichtiger Faktor, um die Mobilitätswende gerade auch in Bayern voranzubringen.“ Ein 365-Euro-Ticket ab 2023 wäre eine Lösung. Die EVG sieht ein 365er-Ticket als Übergangslösung zu einem komplett kostenfreien Nahverkehr.

Das Bundesland Berlin plant unterdessen ab 1. Oktober eine vom Land finanzierte Anschlusslösung. Wie viel das neue lokale Ticket kosten wird, ist aber noch offen. Unklar ist auch, ob Brandenburg einbezogen wird. Aus dem Umland pendeln viele Menschen nach Berlin. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) wandte sich gegen den Vorstoß. cd/dpa

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