IAEA-Team will Atomkraftwerk sichern

von Redaktion

Experten sind auf dem Weg nach Saporischschja – Ukraine startet Großoffensive zur Rückeroberung von Cherson

Wien – Es ist eine gute Nachricht: Die Sicherheit beim Betrieb von Europas größtem Kernkraftwerk Saporischschja wird nun von Experten der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) überprüft. IAEA-Chef Rafael Grossi kündigte den wichtigen und lange umstrittenen Trip in das ukrainische Kriegsgebiet am Montag mit deutlicher Erleichterung an. „Der Tag ist da. Die IAEA-Unterstützungs-Mission ist nun auf dem Weg“, schrieb der selbstbewusste 61-jährige argentinische Diplomat am Montag auf Twitter. Er sei stolz, die Mission anzuführen. Damit scheint eine Gefahr zunächst gebannt, die ganz Europa zuletzt zittern ließ – ein durch Beschuss außer Kontrolle geratenes Atomkraftwerk.

Eine Schuldzuweisung, ob Russen oder Ukrainer die Anlage in den vergangenen Wochen beschossen haben, ist von der UN-Behörde nicht zu erwarten. Es geht nach bisherigen Ankündigungen bei der Mission rein um die Analyse der Schäden und um die Erhöhung der Sicherheit. Dass Grossi, der das Rampenlicht nicht scheut, selbst an der Spitze des insgesamt 14-köpfigen Teams mitreist, ist ungewöhnlich – und ein Signal an alle intern wie extern: Das Ganze ist Chefsache.

Dabei wird ein Grund für den späten Start der Mission bei den UN in New York auch bei der IAEA gesehen. Dass Grossi sich als Leiter des Teams ins Spiel gebracht hat, erschwerte dem Vernehmen nach die Verhandlungen hinter den Kulissen. Statt Reisen hoher Offizieller – mit etwaigem Geltungsdrang – wäre eine Fach-Expedition von Beamten wohl weniger problematisch gewesen.

Ohne Zweifel ist die IAEA eine der besten Adressen, was die Überprüfung des sicheren Betriebs eines Atomkraftwerks angeht. Wohl keine andere Organisation verfügt über so viel Erfahrung bei Fragen rund um die etwa 450 Reaktoren in den Atomkraftwerken dieser Welt. Ein Hoffnungszeichen sind auch die demonstrativen Unterstützungssignale aus Moskau und Kiew. Russland sei an der Mission interessiert und an deren Vorbereitung beteiligt gewesen, bestätigte Kremlsprecher Dmitri Peskow. „Russland ist offen für eine Zusammenarbeit.“ Was von Russland kontrollierte Gebiete betreffe, werde den Experten Sicherheit garantiert.

Für Moskau ist der Besuch vor allem aus Imagegründen wichtig. Die russische Seite will ihn nutzen, um sich als verantwortungsvoller Nutzer und Betreiber der Nuklearanlage zu präsentieren. Das soll der Besetzung des im Süden der Ukraine gelegenen Atomkraftwerks durch die russischen Truppen Legitimität verschaffen. Zugleich geht es Moskau darum, Kiew die Verantwortung für den Beschuss der Anlage anzulasten. Kiew wiederum nutzt die internationale Aufmerksamkeit rund um das Atomkraftwerk, um mit Nachdruck an den Krieg im Land zu erinnern.

Unterdessen hat die ukrainische Armee eine Großoffensive zur Rückeroberung der seit Monaten von russischen Truppen besetzten Großstadt Cherson im Süden des Landes gestartet. In der gesamten Region liefen „starke Artillerieangriffe auf feindliche Stellungen“, sagte der stellvertretende Chef des Regionalrats, Serhij Chlan. „Dies ist die Verkündung dessen, worauf wir seit dem Frühling gewartet haben – der Anfang vom Ende der Besatzung in der Region Cherson“, sagte Chlan.  dpa/afp

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